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Aus dem GERICHTSSAAL: Urlaubskasse aufgefüllt?

Ex-Vorsitzender der Wohnungsgenossenschaft „Vaterland“ vor Gericht – Verfahren eingestellt

Stand:

Vorsatz oder Fahrlässigkeit? Das war die Frage, die das Amtsgericht in mehrstündiger Sitzung zu klären hatte. Jörg F. (37), Ex-Vorstandsvorsitzender der GWG „Vaterland“, soll während seiner hauptamtlichen Tätigkeit eigenmächtig seine Urlaubskasse aufgebessert haben. Obwohl ihm laut Arbeitsvertrag lediglich 80 Prozent eines Brutto-Monatslohnes für die schönste Zeit des Jahres zustanden, soll der Potsdamer in den Jahren 2003 und 2004 satte 100 Prozent kassiert haben.

Jörg F. wehrte sich vehement gegen den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ein Betrüger zu sein. Zum Prozessauftakt verlas Rechtsanwalt Volker Wiedersberg eine Erklärung seines Mandanten. In dieser heißt es unter anderem, die betreffenden Überweisungen seien aus Versehen falsch erfolgt. Der Angeklagte habe der Genossenschaft angeboten, das zu Unrecht erhaltene Geld zurückzuzahlen. Doch deren Rechtsanwältin sowie der damalige Aufsichtsratsvorsitzende hätten Anzeige erstattet.

Seit dem Jahr 2000 sei er ehrenamtliches Mitglied der Genossenschaft – ihr gehören unter anderem die bunten Häuser am Schragen – gewesen, erzählte Jörg F. in seiner Vernehmung zur Person. Als es im „Vaterland“ kriselte, sei der alte hauptamtliche Vorstand abberufen, er mit Wirkung vom 1. Januar 2002 zum neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt worden. Von Anbeginn seiner Tätigkeit bis zu deren Ende im Jahr 2004 habe er sich durch einen Wust von Problemen kämpfen müssen, oft nicht mehr gewusst, wo ihm der Kopf stehe. Seinen Anstellungsvertrag habe er sich vor lauter Stress nicht richtig durchgelesen. „Ich wusste, einmal habe ich 70 Prozent, einmal 100 Prozent zu beanspruchen. Was sich davon auf das Urlaubsgeld oder das 13. Monatsgehalt bezieht, war mir nicht gegenwärtig. Ich habe der Buchhaltung vertraut. Das war ein Fehler. Ich hätte es kontrollieren müssen.“

„Wie sah es damals mit Ihrer finanziellen Situation aus?“, wollte die Richterin wissen. Jörg F. berichtete, er habe 2003/2004 ein Haus gebaut, allerdings – auch durch die Unterstützung von Verwandten – genügend Geld besessen. „Ich hätte solche Manipulationen überhaupt nicht nötig gehabt. Es ist mir superpeinlich, hier zu sitzen“, beteuerte er. „Mein Mandant hat sich bereits im Ermittlungsverfahren umfänglich geäußert, um die Sache zu einem frühest möglichen Zeitpunkt zu einem guten Ende zu bringen“, warf der Verteidiger ein und regte an, das Verfahren einzustellen. Das Gericht schloss sich dem an, auch wenn „Zweifel an der Einlassung des Angeklagten“ blieben. Jörg F. wurde auferlegt, 500 Euro Geldbuße an die Staatskasse zu zahlen. Der Betrag, den er der Genossenschaft schuldet, wird von dieser wohl zivilrechtlich eingeklagt.Hoga

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