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Landeshauptstadt: Urteile im 15-Minuten-Takt

Straftäter im beschleunigten Verfahren verurteilt

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Straftäter im beschleunigten Verfahren verurteilt AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Alle 15 Minuten spricht Amtsrichter Wolfgang Peters während der Tage, an denen Straftäter im beschleunigten Verfahren verurteilt werden, im Durchschnitt ein Urteil. Die Angeklagten sind reumütig, uneinsichtig, widerborstig oder froh, noch einmal mit einem „blauen Auge“ davonzukommen. Hier eine kleine Auswahl: Knapp zwei Promille hatte Mike L. (39) zur Mittagszeit des 7. Februar 2004 intus, als er mit seinem Fahrrad von der Polizei gestoppt wurde. Der Arbeitslose hatte bei der Gauck-Behörde seine Stasi-Unterlagen angefordert, sich „vor dem Wühlen in der Vergangenheit“ mit einigen kräftigen Schlucken Hochprozentigem gestärkt. Dann wollte er eine Besorgung machen, fuhr prompt der Streife in die Arme. „Ich weiß ja, dass man nicht betrunken Fahrrad fährt“, erklärt der bereits wegen Diebstahls, Betruges und Beleidigung Vorbestrafte. „Wenn jemandem etwas passiert wäre, wäre ich mein Leben lang nicht mehr froh geworden.“ „Wenn Sie überhaupt noch leben würden“, meint der Vorsitzende lakonisch „Als Radfahrer ist man auf der Seite der Schwachen.“ Das Urteil: 150 Euro Geldstrafe wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr. Julian M. (25) machte am 17. Februar dieses Jahres bei REWE in der Markthalle lange Finger. Objekt seiner Begierde: Mozzarella, Schinken, Käse und Putenmedaillons im Gesamtwert von 12,93 Euro. „Keine Ahnung, warum ich das gemacht habe“, nuschelt er. „Aber genau das würde mich interessieren“, entgegnet Richter Peters. Der Angeklagte bequemt sich nun doch zu einer Antwort. „Dass bei mir Geld knapp ist, ist offensichtlich. Da habe ich mich eben zum Diebstahl hinreißen lassen.“ Allerdings sei er nicht in den Supermarkt gegangen, um Essen zu klauen. „Ich hatte ja 40 Euro dabei. Aber die Gelegenheit war günstig.“ Die Strafe von 120 Euro trifft den zweimal wegen Verkehrsdelikten Vorbelasteten offensichtlich. „Ganz schön hart“, kommentiert er grimmig. Seine Leidenschaft zum Basteln an alten Mopeds wurde Manfred P. (54) am 14. Februar 2004 zum Verhängnis. „Ich bin gelernter Schlosser, habe an dem Ding rumgeschraubt“, erzählt der wegen Fahrens ohne Haftpflichtversicherung Angeklagte. Als der Motor des Kleinkraftrades lief, habe er eine Probefahrt unternommen. „Nur ein paar Meter. Aber da war die Polizei schon da.“ Ihm sei klar, dass er falsch gehandelt habe, betont der nicht Vorbestrafte kleinlaut. „Ich habe das Moped auch sofort versichern lassen.“ Staatsanwaltschaft und Gericht befinden, die Verhandlung könne gegen eine Geldbuße eingestellt werden. Der leidenschaftliche Bastler muss 100 Euro an die Landesjustizkasse zahlen.

Gabriele Hohenstein

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