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Aus dem GERICHTSSAAL: Verdächtige Pannenhilfe

Vermeintliche Autodiebe hüllten sich in Schweigen Gericht sieht weiteren Aufklärungbedarf

Stand:

Den Polizisten kamen die beiden Autos auf der dunklen Straße suspekt vor. Ein Ford Ka schleppte einen rundum vereisten VW Bora an einem viel zu kurzen Seil. Die Beamten entschlossen sich zur Kontrolle des Gespanns. Plötzlich sprang aus dem hinteren Gefährt eine Person, verschwand mit langen Schritten in die Nacht.

Der Verdacht einer Straftat bestätigte sich schnell. Das Schloss der Beifahrertür des Bora war unterstochen, das Zündschloss herausgezogen. Die zwei Männer im kleinen Ford konnten sich nicht ausweisen. Deshalb spendierten ihnen die Uniformierten eine kostenlose Fahrt zu ihrer Wohngemeinschaft am Schlaatz, wo die Personalpapiere lagen.

Jetzt saßen Sebastian S.* (24) und Clemens C.* (28) wegen besonders schweren Diebstahls auf der Anklagebank. Das Duo hüllte sich zu dem Vorwurf in Schweigen, den VW Bora in der Nacht zum 10. Januar 2008 in Neuseddin entwendet zu haben. So waren die Beobachtungen der Polizeizeugen gefragt. Die konnten sich eigentlich nur noch an Clemens C. erinnern, da er der Wortführer gewesen sei. „Er behauptete, die in seinem Ford Ka gefundenen Sachen – ein präparierter Schraubendreher, zwei schwarze Skimasken und ein elektronisches Bauteil, dessen Funktionsweise ich nicht bestimmen konnte – würden dem Vorbesitzer gehören“, berichtete der Polizist Frank K.* (33). Seine Kollegin Anne A.* (44) ergänzte: „Die Männer in dem Ford versicherten, sie würden die Person, die eben weggerannt war, nicht kennen. Sie hätten lediglich deren Auto abgeschleppt, weil das eine Panne hatte.“

„Das Abschleppseil war um die Hinterachse des Ford Ka gewickelt. Das ist völlig unüblich. Auf diese Weise würde ich höchstens das Fahrzeug meines besten Kumpels ziehen, und dann auch nur bis zum nächsten Parkplatz“, stellte ein weiterer Polizeizeuge klar. Polizeiobermeister Lars L.* (49) untersuchte den Bora nach Fingerabdrücken der vermeintlichen Täter, fand aber nichts Verwertbares. Er fotografierte auch die Schäden an dem Auto. Leider waren die meisten Bilder derart schlecht, dass der Beamte sie sofort auf der Digitalkamera löschte.

Die in der Gerichtsakte befindliche Foto-Ausbeute befriedigte Amtsrichterin Waltraud Heep nicht. Sie versuchte, vom Eigentümer des Bora zu erfahren, wie sein Auto aussah, als er es am nächsten Morgen wiedersah. „Ich konnte nur Lackschäden an der vorderen Stoßstange erkennen. Die sollen vom Abschleppen gekommen sein“, erzählte der junge Mann. „In den Innenraum durfte ich nicht, um keine Spuren zu verwischen.“ Von seiner Versicherung habe er erfahren, die gesamten Reparaturkosten hätten bei rund 3000 Euro gelegen. „Zwei Monate später wurde mir das Auto erneut geklaut. Diesmal habe ich es nicht wiedergekriegt. Aber die Versicherung hat mir 8500 Euro gezahlt“, so der Bestohlene. Da die Angeklagten nach wie vor nichts sagten, sah das Gericht weiteren Aufklärungsbedarf. Es unterbrach die Verhandlung bis zum 13. Februar, um von der Versicherung des Ex-Borafahrers aussagekräftige Unterlagen zum Zustand des Autos nach dem ersten Diebstahl und seinem Wert einzuholen. (*Namen geändert.) Hoga

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