Landeshauptstadt: Verdienstkreuz für echten Babelsberger
Dr. Klaus Arlt wurde gestern für Verdienste um die Erforschung der jüdischen Geschichte geehrt
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Mit dem rot und golden glänzende Verdienstkreuz am Revers konnte es sich Dr. Klaus Arlt gestern in der Staatskanzlei nicht verkneifen, an seinen wohl berühmtesten Satz als Stadtverordneter zu erinnern. Zum Abschluss der Diskussion um den Wiederaufbau des Stadtschlosses hatte er im Stadtparlament ausgerufen: „Den Architektenwettbewerb hat für mich Knobelsdorff schon gewonnen, mal sehen was jetzt daraus wird.“
Staatssekretär Gerd Harms, der das von Bundespräsident Horst Köhler verliehene „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ an Dr. Arlt überreichte, hatte es nach eigenen Worten schwer festzustellen, auf welchem Gebiet sich der Ausgezeichnete die größten Verdienste erworben habe. Zu umfangreich sei dessen Wirkungsfeld, das er „mit der Präzision der naturwissenschaftlichen Ausbildung“ auf seine historischen Forschungen übertragen habe. Harms nahm Bezug darauf, dass Arlt von Hause aus Biologe ist.
„Zu DDR-Zeiten widmete sich Dr. Arlt vor allem Themen, die weitgehend tabuisiert waren“, schreibt Gert Streidt in der Begründung für die Auszeichnung namens der Studiengemeinschaft Sanssouci. Arlt beschäftigte sich mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Brandenburg und insbesondere in Potsdam. In ungezählten Beiträgen in Tageszeitungen, Heimatkalendern und Zeitschriften und nicht zuletzt durch seine vielen Vorträge machte er die Öffentlichkeit für diese Themen sensibel und förderte damit das Engagement für die Erhaltung des historischen Erbes.
„Ich habe noch heute eine Genehmigung aus dem Jahre 1976, dass ich den jüdischen Friedhof in Potsdam betreten darf“, erzählt Arlt. Seine Kenntnisse bezog er vor allem aus jüdischen Zeitungen, die er in der Deutschen Bücherei in Leipzig studierte. „Seite für Seite habe ich umgeblättert und nach Artikeln über jüdisches Leben in Potsdam gesucht“.
In der von den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci im Jahre 1969 gegründeten „Interessengemeinschaft Sanssouci“ wurde er zum ersten Vorsitzenden gewählt. Die Gemeinschaft, seit 1990 „Studiengemeinschaft Sanssouci. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams e.V.“ hat heute fast 300 Mitglieder. Dr. Arlt ist noch immer ihr Vorsitzender.
Nach 1989 engagierte er sich für den raschen Aufbau von Kontakten in die ehemaligen brandenburg-preußischen Gebiete in Polen und organisierte gemeinsam mit polnischen Partnern Exkursionen und Veranstaltungen.
Von 1998 bis 2003 war Arlt für die SPD Stadtverordneter, wobei er sich insbesondere für stadtgeschichtliche und kulturhistorische Belange einsetzte. Unter anderem war er einer der Initiatoren des Beschlusses zum Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses.
Als „echter Potsdamer“ will Arlt nicht bezeichnet werden, korrigierte er die Ansprache von Harms. „Ich bin gebürtiger Babelsberger“, betont er und erzählt, dass er aus einem „kulturbeflissenen Arbeiterhaushalt“ stammt. Sein Vater war Buchdrucker und „entsprechend politisch aktiv.“ Arlt, Jahrgang 1934, verfügt über ein wahrhaft enzyklopädisches Wissen über Friedhöfe und Lokalgeschichte und besitzt ein entsprechend umfangreiches Archiv. Letzteres betreut seine Frau, die im Übrigen „die Dampfmaschine Arlt am Laufen hält“, betont der Geehrte.
Günter Schenke
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