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Landeshauptstadt: Vereine warnen vor Sportbootsmaut
Besonders der Nachwuchssport könnte unter der Abgabe leiden. Den Tourismus trifft sie wohl nicht
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Bei den Potsdamer Wassersportvereinen regt sich Unmut wegen der geplanten Bootsmaut. Schon jetzt sei die Vereinskasse mit Pachten für das Grundstück und die Steganlage sowie mit Umlagen an Dachverbände erheblich belastet, sagte der Vorsitzende des Motorbootclubs Potsdam, Matthias Hoffmann. „Allein ans Wasser- und Schifffahrtsamt zahlen wir jedes Jahr etwa 3500 Euro.“ Mit der vom Bundesverkehrsministerium ab 2018 geplanten Sportbootsmaut würden die Freizeitsportler nun zusätzlich belastet. „Das sind ja bei uns nicht alles reiche Leute, die ihr Geld mit links und 40 Fieber herbeizaubern.“
Für Vereine seien zusätzliche Zahlungen in der geplanten Größenordung – in der Branche geht man von zehn Euro jährlich für jeden Bootsmeter aus – kaum noch zu verkraften. Als nachvollziehbar empfindet Hoffmann immerhin, dass jetzt alle Nutzer von Wasserstraßen zur Kasse gebeten werden sollen. Bislang trügen die Motorboot- und Seglervereine allein die Lasten. Tatsächlich werden seit Jahren Schifffahrtsabgaben für die Sportschifffahrt in Form einer jährlichen Pauschale in Höhe von rund 50 000 Euro zur Hälfte vom Deutschen Motorjachtverband und vom Deutschen Seglerverband gezahlt. Der Betrag wurde in diesem Jahr auf 77 000 Euro erhöht. Wegen dieses Beitrages müssen Sportbootfahrer keine Schleusengebühr bezahlen.
Allerdings handelt es sich um eine symbolische Summe. Die tatsächlich durch die Sportbootschifffahrt entstehenden Kosten auf den Wasserstraßen beziffert das Bundesverkehrsministerium auf 65 Millionen Euro pro Jahr. Die sollen bei den Verursachern – ausgenommen sind Paddelboote, Ruderboote, Tretboote oder kleine Segelboote ohne Motor – künftig weitgehend eingespielt werden. Ob es Ausnahmen geben wird, ist offen.
Joachim Engbers, Hafenmeister des Potsdamer Seesportclubs und seit den 60er-Jahren dem Potsdamer Wassersport verbunden, glaubt, dass die Abgabe an die Substanz des Breitensports gehen wird. „Wenn die Bootsmaut auch für Sportgeräte erhoben wird, wird es Proteste bis zum Abwinken von den Wassersportvereinen geben“, prophezeit er. Für Normalbürger werde es dann zu teuer werden, auf Sportbooten ihre Freizeit zu verbringen. „Es geht nicht, den kompletten Segelsport mit engen politischen Vorgaben kaputtzumachen.“ Engbers glaubt, dass besonders die Jugendsektion seines sportlich erfolgreichen Vereins unter der neuen Abgabe leiden würde.
Wie berichtet sollen die Unterhaltungskosten für die Wasserstraßen künftig auf alle Nutzer umgelegt werden. Davon soll nicht nur der Güter- und Fahrgastschiffsverkehr, sondern eben auch die Sportschifffahrt betroffen sein. Die neue Gebühr soll ab August 2018 erhoben werden, wie es aus dem Bundesverkehrsministerium heißt. Derzeit werden derzeit Rechtsverordnungen vorbereitet.
In der Charterbootbranche sieht man die Abgabe gelassen. Der Wirtschaftsverband Wassersport geht davon aus, dass Besitzer von Booten über ausreichende Mittel verfügen, um die Gebühr aufzubringen und wäre vor allen Dingen froh, wenn dieses Geld tatsächlich für den Erhalt der Wasserstraßen verwendet wird (PNN berichteten). Ähnlich sieht es Matthias Wedepohl, Wassertourismusberater und Mentor der WIR-Initiative, in der sich die Havelkommunen zwischen Potsdam und Brandenburg (Havel) zur Förderung des Wassertourismus zusammengeschlossen haben.
„Dass sich eine solche Gebühr auf den Wassertourismus auswirken wird, glaube ich nicht“, so Wedepohl gegenüber den PNN. Charterboote auszuleihen sei ohnehin teuer. „Wenn die Charterverleiher ihre Preise etwas erhöhen, wird die Nachfrage nicht sinken.“ Auch Besitzer großer Jachten werde die Abgabe kaum treffen „Wer sich ein großes Boot leisten kann, kann auch sie einen Obolus abdrücken.“
Auch Wedepohl glaubt aber, dass der Wassersport unter einer Bootsmaut leiden wird. „In dem Bereich gibt es jetzt schon eine Überalterung.“ Aus seiner Sicht sei es widersprüchlich, dass seit einiger Zeit auch stärkere Motorboote führerscheinfrei gefahren werden dürfen, nun aber eine Steuer eingeführt wird. „Hürden, die man abgebaut hat, werden damit wieder aufgebaut.“ Gerade junge Leute, die ihr Geld für ein Boot zusammenkratzen, seien davon betroffen.
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