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Landeshauptstadt: Vergessene Helden

Agaphi regt stärkere Würdigung für die Kämpfer der antinapoleonischen Befreiungskriege an / Sonderbriefmarken und Gedenkmünze vorgeschlagen

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Der 28. April 1809 markiert den Beginn des antinapoleonischen Befreiungkampfes. Damals brach von der Geltower Baumgartenbrücke aus Major Ferdinand von Schill mit seinem 2. Brandenburgischen Husaren-Regiment zum Kampf gegen die Fremdherrschaft auf. Daran erinnern nahe der Brücke ein Gedenkstein und die nachgepflanzte „Schill-Linde“. Der Versuch der Husaren scheiterte nach wenigen Wochen: Schill fiel in Stralsund im Straßenkampf, elf seiner Offiziere wurden zum Tode verurteilt und in Wesel erschossen.

Der von Norbert Blumrich geleitete Potsdamer Bürger- und Stadtbauverein Agaphi hatte vorgeschlagen, den 200. Jahrestag des Schillschen Husarenzuges durch eine Sonderbriefmarke zu würdigen. Das Bundesfinanzministerium erteilte jedoch eine Absage: Sein Programmbeirat habe die 50 Themen für die Sonderbriefmarken im Jahr 2009 bereits vergeben. Ein Nachfassen des Vereins brachte immerhin das Ergebnis, eine Herausgabe der Marke für 2011 in die Anregungen einzubeziehen. Dann jährt sich der Geburtstags Schills zum 235. Mal.

Vorausschauend auf das Jahr 2013, in dem das Jubiläum des Sieges über Napoleon gefeiert wird, hat Agaphi außerdem beim Finanzministerium eine Briefmarkenserie „200 Jahre Befreiungskriege 1813 - 2013“ mit den Porträts des Freiherrn vom und zum Stein, von Yorck von Wartenburg, Scharnhorst, Gneisenau, der Potsdamer Soldatin Eleonore Prochaska sowie Leberecht von Blüchers vorgeschlagen. Für den mit Potsdam eng verbundenen Generalfeldmarschall, der entscheidend zum militärischen Erfolg der antinapoleonischen Koalition beigetragen hatte, regte der Verein zusätzlich eine Gedenkmünze an.

Die Anträge werden unter anderem vom Rathenower Geschichtsverein Havelland e. V. befürwortet. Er weist darauf hin, dass zu den 1809 hingerichteten Schillschen Offizieren die in der Stadt dienenden Leutnants von Trachtenberg und von Keller zählten. Obwohl die Befreiungskriege neben dem militärischen Widerstand gegen Hitler zu den beiden Säulen der Traditionspflege in der Bundeswehr gehören, hat dagegen der Deutsche Bundeswehrverband in einem Schreiben seines Vorsitzenden Bernhard Gertz eine Unterstützung der Vorschläge abgelehnt.

Der Verein Agaphi, der 1992 auf dem ehemaligen Blücherplatz einen Gedenkstein für den Feldherren und 1994 am Großen Waisenhaus eine Tafel für die als „Jäger August Renz“ kämpfende Eleonore Prochaska enthüllte, sieht das Andenken der Kämpfer der Befreiungskriege in Potsdam unterrepräsentiert. In der DDR-Zeit wurde gegen erheblichen Widerstand von SED-Funktionären eine Straße nach dem in Potsdam geborenen Yorck von Wartenburg benannt, der als preußischer General Ende 1812 in Tauroggen eigenmächtig eine Neutralitäts-Konvention mit dem russischen Kriegsgegner geschlossen und dadurch den zögernden König Friedrich Wilhelm III. zu einer Koalition gegen Napoleon gedrängt hatte. Nach der deutschen Wiedervereinigung kam eine Eleonore-Prochaska-Straße hinzu.

Agaphi-Ehrenvorsitzender Hans-Peter Warnecke erinnert jedoch an das ehemalige „Patriotenviertel“ hinter dem Alten Rathaus, in dem Straßen nach Blücher, Bülow, Lützow und Scharnhorst hießen. Zudem gebe es in Potsdam weder eine Schill- oder Gneisenau- noch eine nach dem führenden preußischen Reformer Reichsfreiherr vom und zum Stein benannte Straße. Der Verein regte deshalb in einem Schreiben an Oberbürgermeister Jann Jakobs an, bis zum Jubiläumsjahr 2013 diese Patrioten durch Straßennamen zu würdigen. Jakobs antwortete – wie in früheren Fällen –, er habe den Vorschlag an den Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung zur Prüfung weitergeleitet. Dort sind allerdings bisher nahezu alle Vorschläge von Agaphi abgeschmettert worden. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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