Landeshauptstadt: Vergleich mit Nazi-Richter?
Verteidiger: „Mein Mandant hat diesen Satz nie von sich gegeben!“
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Verteidiger: „Mein Mandant hat diesen Satz nie von sich gegeben!“ Von Gabriele Hohenstein Würdig aussehend und korrekt gekleidet sitzt Werner G. (58, Name geändert) auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am Vormittag des 17. Juli 2002 einer Richterin am Landgericht in einem Telefongespräch erklärt zu haben: „Die Nazi-Richter mussten sich auch an die Gesetze halten.“ Die Juristin fühlte sich durch diese Äußerung in ihrer Ehre gekränkt und erstattete Anzeige wegen Beleidigung. „Mein Mandant wird sich nicht äußern“, stellt der Verteidiger klar. „Warum auch, da ein derartiger Satz von seiner Seite aus nie gefallen ist? Also wird die Belastungszeugin aufgerufen. Rita R. (49) erinnert sich an ein Telefonat, in dem es um eine Zwangsvollstreckung ging. „Eine Frau war am Apparat. Sie sagte, ein Herr G. wünsche mich in besagter Angelegenheit zu sprechen“, so die Rechtsgelehrte. Nach einigem Hin und Her, in dem ihr Gesprächspartner darauf drängte, die Sache zu beschleunigen, habe sie ihm erklärt, sie müsse sich an die Gesetze halten. Daraufhin sei der berüchtigte Satz gefallen“, so die Zeugin. Ob es die Stimme des Angeklagten war, die den „widerwärtigen Vergleich“ anführte, vermag sie allerdings nicht zu sagen. Antje H. (32) – einst Geschäftsführerin jenes Unternehmens, dem auch Werner G. vorstand – erinnert sich: „Wir haben mal ein Grundstück ersteigert, dessen bisheriger Eigentümer die Nutzung verzögerte.“ In diesem Zusammenhang habe es mehrere Kontakte mit dem Landgericht gegeben. Allerdings wisse sie nicht, ob der Angeklagte an jenem Tag mit der Richterin sprach. „Hat Herr G. vielleicht Brüder? Und hielten die sich eventuell manchmal in der Firma auf?“, versucht der Amtsrichter, dem ominösen Anrufer auf die Spur zu kommen. Die Zeugin bestätigt dies, betont auch, die Männer dort mitunter telefonieren gesehen zu haben – ob geschäftlich oder privat, wisse sie aber nicht. „Es hat sich nicht bestätigt, dass der Angeklagte diese Äußerung am Telefon von sich gegeben hat“, konstatiert der Vorsitzende. „Er ist deshalb aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.“
Gabriele Hohenstein
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