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Landeshauptstadt: Verhaltene Freude und Besinnung

Gestern an der Glienicker Brücke: Gedenken an die Grenzöffnung am 10. November 1989

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Gestern an der Glienicker Brücke: Gedenken an die Grenzöffnung am 10. November 1989 Von Günter Schenke Berliner Vorstadt. Eine Gruppe von zehn Personen fand sich gestern Vormittag an der Glienicker Brücke ein, um an die Öffnung der Grenze vor vierzehn Jahren zu erinnern. Der Vorsitzende der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54, Claus Ladner, und Oberbürgermeister Jann Jakobs sprachen Worte des Gedenkens. An der Nike-Stele wurden Blumen niedergelegt und in einer Schweigeminute der Opfer an der innerdeutschen Grenze gedacht. Claus Ladner rief den dramatischen 10. November vor 14 Jahren ins Gedächtnis, als sich immer mehr Menschen vor der Brücke sammelten, so dass um 18 Uhr die DDR-Grenzer sie durchlassen mussten. Ohne Pass und Formalitäten stürmten die Potsdamer in den Westen, wo sie mit Applaus und brennenden Kerzen empfangen wurden. Am nächsten Tag wurde das Tor entfernt und am Sonntag, dem 12. November, überquerte der erste Bus der BVG die „Brücke der Einheit“. Ab diesem Tag bewegte sich eine Trabi-Lawine in Richtung Wannsee – der Stau reichte bis zur Humboldtbrücke. Bald stand ein Zollhäuschen an der Straße, in dem die Grenzposten den vorgeschriebenen Visumstempel in den Ausweis drückten. Einen „Tag der verhaltenen Freude und einen Tag des Besinnens“ nannte Ladner den 10. November an der Glienicker Brücke. Beides sei für die Fördergemeinschaft Anlass gewesen, an diesem Ort die Skulptur „Nike 89“ von Wieland Förster aufzustellen. „Diese Figur ist eine Metapher, ein Zeichen der Freude über den Wiedergewinn der Freiheit und der Beendigung der Teilung. Sie ist aber auch eine Mahnung, die wieder errungene Demokratie und die gewonnenen Menschenrechte dauerhaft zu erhalten und zu verteidigen.“ Der Vorsitzende der Fördergemeinschaft sagte, der Künstler habe die Nike auf einen Torso reduziert, „quasi ein Engel ohne Flügel, eine beschädigte Nike“. Sie mache deutlich, dass es Siege ohne Verluste, Freiheit ohne Opfer nicht gebe und dass auch der friedliche Fall der Mauer und die Wiedereröffnung der Glienicker Brücke mit „deutlichen Schrammen und Leid verbunden“ gewesen seien. Die Anteilnahme der „nicht offiziellen“ Bevölkerung an dem Gedenken blieb trotz vorheriger Bekanntgabe in der Presse gering. Vertreter der CDU und der SPD waren gekommen und neben der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 nahm der höchste Repräsentant der Stadt Anteil an der 15 Minuten dauernden kleinen Feier. Die im Krieg zerstörte Glienicker Brücke wurde am 19. Dezember 1949 unter ihrem neuen Namen „Brücke der Einheit“ wieder eröffnet. Genau auf ihrer Mitte verlief die Grenze zwischen Westberlin und Potsdam. Bis 1961 hatten auch Zivilpersonen, ab 1952 nur noch mit Sondergenehmigungen, die Möglichkeit, diesen Übergang zu benutzen. Berühmt wurde das Bauwerk als Ort des Agentenaustausches. Als erster Spion überquerte am 10. Februar 1962 der US-amerikanische Fliegerhauptmann Francis Powers die weiße Grenzlinie. Sein Spionageflugzeug „U2“ hatten die Russen am 1. Mai 1960 abgeschossen.

Günter Schenke

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