Aus dem GERICHTSSAAL: Verhängnisvolles Fahrmanöver
Frau fuhr nach Unfall trotz Aufforderung zum Warten davon – nun muss sie dafür zahlen
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„Immer wenn ich denke, es wird ein bisschen besser, kommt alles nur noch schlimmer“, schluchzt Gisela G.* (48). „Meine Tochter ist operiert worden. Das hat 2000 Euro gekostet. Ich kann die Strafe nicht bezahlen.“ Die Angestellte wurde soeben vom Amtsgericht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu 15 Tagessätzen á 30 Euro verurteilt. Doch Gisela G. fühlt sich nicht schuldig. „Ich habe keinen Unfall verursacht. Ich habe auch keinen bemerkt. Wieso hätte ich da warten sollen?“, begehrt die wegen Betruges und Urkundenfälschung Vorbelastete nun auf.
„Die Ampel in der Friedrich-Engels-Straße schaltete auf Grün. Alle Autos fuhren an, auch das Fahrzeug der Angeklagten, das sich vor mir befand. Plötzlich bremste die Frau, dann blinkte sie und wechselte die Spur. Ich bremste auch. Da spürte ich hinten einen Aufprall“, schildert der 29-jährige Paketfahrer David D.* die Situation vom 25. Oktober vorigen Jahres. Schnell habe er das Kennzeichen des sich entfernenden Gefährts der Angeklagten notiert, dann die Frau, die auf seinen Transporter aufgefahren war, gefragt, ob ihr etwas passiert sei. „Die weinte und war fix und fertig“, so der Zeuge. Nachdem er die Polizei von dem Zusammenstoß in Kenntnis setzte, habe er die an den Bahnhofspassagen parkende Angeklagte über den Crash informiert und sie aufgefordert, an Ort und Stelle zu bleiben. „Aber die sagte, sie habe ihr behindertes Kind im Auto und könne nicht warten.“
„Ich machte eine Vollbremsung. Trotzdem rutschte ich auf den Transporter“, berichtet die 42-jährige Marlies M.* im Zeugenstand. Da die Mitarbeiterin der Kfz-Zulassungsstelle nervlich danach nicht mehr in der Lage war, ihren verbeulten Dienstwagen, an dem ein Schaden in Höhe von 800 Euro entstanden war, in die Werkstatt zu fahren, musste ein Kollege einspringen. Kraft ihrer Profession habe sie eine Halterabfrage des flüchtenden Automobils vorgenommen und die Angeklagte ermittelt.
„Wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr unerlaubt entfernt, hat mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe zu rechen“, stellt die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft klar und beantragt 25 Tagessätze zu je 30 Euro. Sie glaube, dass die Angeklagte nicht gemerkt habe, was sich hinter ihr abspielte. Doch als sie von dem Paketfahrer informiert wurde, wäre es ihre Pflicht gewesen, so lange zu bleiben, bis alle Modalitäten geklärt seien.
„Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten zur Verursachung des Crashs beigetragen haben kann“, betont die Vorsitzende. „Allerdings liegt das Verschulden der Angeklagten im unteren Bereich. Deshalb die von mir ausgesprochene mildere Strafe.“ Hoga
* Namen von der Redaktion geändert
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