Aus dem GERICHTSSAAL: Verkäuferin außer Gefecht gesetzt
Vorwurf des räuberischen Diebstahls nicht haltbar/Therapie während Bewährung
Stand:
Die Staatsanwaltschaft ging von räuberischem Diebstahl aus – immerhin ein Verbrechen, das mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet wird. Das Schöffengericht kam nach Abschluss der Beweisaufnahme allerdings zu der Ansicht, Florian F.* (23) habe sich eines einfachen Diebstahls, dazu der vorsätzlichen Körperverletzung sowie der Nötigung schuldig gemacht, verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. (In diese Sanktion wurde eine vorher ergangene Strafe einbezogen.) Außerdem hat er 800 Euro Schmerzensgeld an sein Opfer zu zahlen, muss sich schnellstmöglich einer Alkohol- und Drogentherapie unterziehen.
Einer Verkäuferin des REWE-Marktes Am Stern kam der junge Mann, der sich am Nachmittag des 15. Juni 2007 in der Spirituosenabteilung aufhielt, gleich suspekt vor. Als er sich dann eine Flasche Klaren in den Hosenbund steckte, sein T-Shirt drüber zog und Anstalten machte, den Laden zu verlassen, rief sie der Kassiererin zu, sie solle den Langfinger aufhalten. Margot M.* (54), eineinhalb Meter groß und ausgesprochen zierlich, stellte sich Florian F. in den Weg, hielt ihn an seiner Oberbekleidung fest. Kurz darauf lag sie bewusstlos auf dem Fliesenfußboden. Im Bergmann-Klinikum wurden ihr ein Schädelhirn-Trauma ersten Grades, eine Kopfplatzwunde, ein Hämatom am rechten Auge sowie eine gebrochene Rippe attestiert. Drei Tage befand sich die Potsdamerin im Krankenhaus, war insgesamt vier Wochen arbeitsunfähig.
„Tut mir leid. Ich wollte die Frau nicht verletzen“, versicherte Florian F. „Ich habe mich nur schwungvoll umgedreht. Dabei muss ich sie erwischt haben.“ Laut eigenem Bekunden trinkt er seit seinem 11. Lebensjahr Alkohol, nimmt seit dieser Zeit auch Drogen. Wie jeden Tag sei er am Tattag im Rausch gewesen und in Panik geraten, als ihn die Kassiererin an der Flucht hindern wollte. „Ich stand unter Bewährung, wollte nicht schon wieder erwischt werden“, gestand der mehrfach Vorbestrafte freimütig. Die Polizisten stellten ihn wenig später. Da hatte er seine Beute bereits in ein Gebüsch geworfen. Die zweite Anklage klingt dagegen fast harmlos. Da der Hartz-IV-Empfänger am 3. März dieses Jahres sein Geld längst für Cannabis und Alkohol ausgegeben hatte, steckte er sich Creme und Zahnpasta in einem Supermarkt ein, ohne zu bezahlen. Die Quittung hierfür: Fünf Monate auf Bewährung.
Florian F. lebt in einer betreuten Wohneinrichtung, macht derzeit auf Anraten einer Sozialarbeiterin eine Entgiftung. „Ein erster Schritt in die richtige Richtung“, konstatierte die Vorsitzende. (*Namen geändert.) Hoga
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