Landeshauptstadt: Verkehrs-Nachhilfe für Wiederholungstäter
Vorfahrtsunfälle bleiben Problem in der Stadt / Fahrerflucht ist 2006 stark angestiegen
Stand:
Der Verkehrsunterricht als Erziehungsmaßnahme für Sünder wird in Potsdam wieder aufgelegt. Das Projekt ist brandenburgweit bislang einzigartig, zum Unterricht verpflichtet werden können auch nur in der Stadt lebende Verkehrssünder. Der Grund: Lediglich die Potsdamer Straßenverkehrsbehörde, die federführend zum Unterricht verpflichten darf, ist mit eingebunden. „Wir verhandeln derzeit mit den Behörden der übrigen Kreise“, erklärte Polizeidirektor Ralf Marschall, Leiter des Potsdamer Schutzbereiches, der das Modell gestern vorstellte.
Der Verkehrsunterricht soll bei Wiederholungstaten und schweren Einzelfällen angewandt werden und ist, bis auf eine Verwaltungsgebühr, kostenlos. Die Schulungen werden von der Verkehrswacht durchgeführt und sollen auf die jeweiligen Vergehen zugeschnitten sein, sagte Marschall. Wer dem angeordneten Besuch nicht nachkommt, riskiert beispielsweise seinen Führerschein. Für die Wiederholungstäter werde bei der Polizei kein eigenes Register eingeführt. Doch sollen bei Bedarf Daten von der Zentralen Bußgeldstelle abgeglichen werden. Daneben werden Beamte selbst Hinweise geben. Vor allem die sechs Polizisten der Radstaffel wüssten mittlerweile, wer immer wieder gegen die Regeln verstößt, so Marschall. Um möglichen „Abstrafungen“ durch einzelne Polizisten vorzubeugen, werde jede Empfehlung aber geprüft. „Entscheidend ist das Votum der Straßenverkehrsbehörde“, so Marschall.
Nicht nur Radfahrer soll es treffen, auch Autofahrer können zur Nachschulung verpflichtet werden. Zumal die Radfahrer zwar Schwerpunkt blieben in der polizeilichen Arbeit, aber durchaus für positive Nachrichten in 2007 gesorgt hätten, so Marschall. Die von Radfahrern selbst verursachten Unfälle sind um fünf auf 186 Unfälle zurückgegangen. Nichts desto trotz stieg die Zahl der Unfälle mit Radlern um 76 auf gut 500 Unfälle.
Deutlich rückläufig war überhöhte Geschwindigkeit als Hauptursache von Verkehrsunfällen. Von 198 auf 92 sank die Zahl 2007. Doch Marschall relativierte: „Die hohe Zahl 2006 lag vor allem am langen und kalten Winter, in dem viele Unfälle wegen nicht angepasster Geschwindigkeit verursacht wurden.“ Das könne auch bedeuten, dass selbst 30 km/h zu viel seien, wenn die Straßenverhältnisse ungünstig sind. „Bei normalem Wetter wie im vergangenen Jahr ist die Unfallursache Geschwindigkeit im Nachhinein schwer nachzuweisen“, so der Leiter des Schutzbereiches. Auch beim Alkohol als Grund für Unfälle verzeichnete die Polizei einen leichten Rückgang um vier auf 70 Fälle. Weiterhin ein Problem bleiben Unfälle wegen missachteter Vorfahrt. Zwar hat sich die Zahl 2007 nicht signifikant erhöht, liegt aber mit 348 auf hohem Niveau. „Deshalb bleibt die Verkehrsüberwachung ein polizeilicher Schwerpunkt“, kündigte Marschall an. Erschreckend angestiegen ist die Zahl der Fahrerfluchten nach einem Unfall. Über 1650 mal entzog sich der Verursacher seiner Verantwortung, ein Anstieg von 200. Gründe dafür konnte Marschall jedoch nicht nennen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 5637 Unfälle auf Potsdams Straßen gezählt, über 500 mehr als 2006. KG
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: