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Landeshauptstadt: Verkehrsbetrieb vor Zerreißprobe

20 Prozent der Belegschaft werden entlassen Mögliche Privatisierung ab 2008

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20 Prozent der Belegschaft werden entlassen Mögliche Privatisierung ab 2008 Von Günter Schenke „Das ist die schwierigste Phase, die ich bisher beim Verkehrsbetrieb erlebt habe“, sagt Hans-Rainer Hasselmann. Seit 1990 ist er Vorsitzender des Betriebsrates, noch nie stand das Unternehmen mit seinen 450 Mitarbeitern so auf der Kippe wie jetzt: Wenn es nicht gelingt, durch Personalabbau und andere Maßnahmen Millionen-Einsparungen zu erreichen, droht der Verkauf des städtischen Betriebes. Hintergrund ist eine EU-Verordnung, nach der einem städtischen Eigenbetrieb nicht mehr öffentliche Zuschüsse zustehen als einem „durchschnittlich gut geführten“ privaten Unternehmen. „Davon sind wir noch weit entfernt“, schätzt Hasselmann ein. Mit anderen Worten: Der Zuschuss aus dem öffentlichen Haushalt ist viel zu hoch. Zwar kommt der Verkehrsbetrieb im nächsten Jahr über die Runden, weil die Stadtwerke-Holding für das Defizit finanziell einsteht, doch für Geschäftsführer Martin Weis steht fest: „Wir müssen den Zuschussbedarf reduzieren.“ Personaleinsparung ist nur die eine Möglichkeit. Sie soll drei Millionen bringen. Durch Maßnahmen beim Marketing, bei der Organisation und im Fuhrpark erhofft sich Weis weitere 3,5 Millionen Euro. Er hat bereits fünf Busse verkauft, Marketing-Aktivitäten eingeleitet, um mehr Fahrgäste in die Busse und Bahnen zu bekommen und die Abläufe in der Werkstatt verbessert. Von einer „bedrückten Reaktion“ der Mitarbeiter spricht der Geschäftsführer, nachdem er der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung den Abbau von rund zwanzig Prozent des Personals ankündigen musste. Wen es treffen wird, steht noch nicht fest. Die „heiße Phase“ des so genannten Sozialvergleichs – der Entlassungsprozedur – der 88 Kollegen findet im Januar statt. Dann wird festgelegt, wer seinen Arbeitsplatz verliert; der Betriebsrat hat dabei ein Mitspracherecht. Leute die für einen finanziellen Bonus freiwillig gehen, gibt es kaum. Die Abfindungsregelung sieht die Zahlung eines halben Bruttogehaltes multipliziert mit der Zahl der Dienstjahre vor. „Obwohl die Situation schlimm ist, sind wir uns mit der Gewerkschaft ver.di über die Notwendigkeit einig, die Reißleine zu ziehen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Nur wenn es gelinge, 6,5 Millionen Euro einzusparen, käme letztlich der erhoffte Verkehrsvertrag mit der Stadt zustande. Dieser Vertrag würde die Existenz des Verkehrsbetriebes als städtisches Unternehmen für die nächsten fünf Jahre, also bis zum Jahre 2010, sichern. Mündlich sei der Vertrag durch den Beigeordneten Burkhard Exner und den Oberbürgermeister zugesichert worden, betont Hasselmann. Einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung gibt es jedoch nicht. Private Betreiber stehen offenbar Gewehr bei Fuß, um im sich bietenden Fall die Potsdamer Verkehrsbetrieb GmbH zu übernehmen, wenn im Jahre 2008 die Konzessionen auslaufen. Vielleicht kommt es in Potsdam so wie in Brandenburg an der Havel. Hier übernahm die Connex GmbH vor einem halben Jahr den öffentlichen Nahverkehr.

Günter Schenke

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