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Herr über Immobilien. Bernd Richter verwaltet Werte in Höhe eines Jahresetats der Stadt.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: „Verlässliche Planung ist schwierig“

KIS-Chef Bernd Richter über Schulsanierung, neue Schulstandorte und seine Sorgenkinder

Stand:

Herr Richter, fünf Jahre gibt es den Kommunalen Immobilienservice, den KIS, inzwischen. Allerdings ist es noch nicht lange her, dass das Land in einem internen Papier die Auflösung empfohlen hat.

Der Bericht stammt aus den Jahren 2006/07, also aus der Aufbau- und Gründungsphase. Diese Zeit haben wir hinter uns, die Ziele – etwa einen deutlichen Beitrag zum Haushaltssicherungskonzept zu leisten – haben wir klar erreicht. Was den Immobilienbestand betrifft, haben wir mit dem Sanierungsprogramm einen großen Schritt nach vorn gemacht. Es wird aber in absehbarer Zeit nicht mehr die großen Investitionen geben. Wir werden im Verwaltungsbereich umstrukturieren, es wird künftig ein separates Service-Center geben und wir werden Einkaufsprozesse optimieren.

Ihr größter Brocken ist das 120-Millionen-Euro-Paket zur Kita- und Schulsanierung – mit der Konsequenz, dass viele Schüler nun jahrelang in Containern lernen müssen. Hätte man nicht viel früher anfangen und etwa leerstehende Schulgebäude schon auf Vorrat sanieren müssen?

Das wäre sicherlich wünschenswert gewesen, wenn wir das schon vor fünf, sechs Jahren gekonnt hätten. Wir haben ja mit Gründung des KIS erstmalig versucht, uns einen Gesamtüberblick über die Immobilien zu verschaffen und eine Prioritätensetzung für die Sanierung festzulegen. In der Zeit davor sind ja Schulinvestitionen vor allem nach Fördermitteln festgelegt worden, wie etwa die Sanierung der Oberstufenzentren, die mit Eigenmitteln kozufinanzieren waren. Das waren Großprojekte, die sicherlich notwendig waren, aber in keinster Weise in die Breite gingen.

Sie betonen allerdings gerne, dass Mittel aus dem Konjunkturpaket II als Unterstützung gut sind, aber der Großteil doch eigenes, städtisches Geld ist. Also wäre es doch früher gegangen?

Nicht wirklich. Der KIS wurde 2005 gegründet, ein Jahr des Aufbauens sei uns gegönnt. Auf den Sanierungsbedarf, vor allem bei Schulen, haben wir 2007 mit dem Wirtschaftsplan reagiert und auch erste Kreditfinanzierungen vorgesehen. Das Ganze war ein Prozess und ich sehe nicht, wie wir den hätten beschleunigen können. Wir brauchten auch die Vorlaufzeiten gegenüber der Kommunalaufsicht, um dieses neue Verfahren durchzusetzen, bei dem die Landeshauptstadt über den KIS Kredite aufnimmt, weil wir eine Kommune sind, deren Haushalt vom Land genehmigt werden muss. Das haben wir ganz erfolgreich hingekriegt. Eines der großen Pilotprojekte, die kreditfinanziert wurden, war ja der Neubau der Feuerwache. Fördermittel standen nicht zur Verfügung, und ein über 20 Millionen Euro teures Vorhaben in den ersten Jahren nach 2001 zu realisieren, war schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit.

Bleiben wir noch bei den Schulen. Sie haben für die drei Gymnasien Goethe, Humboldt und Einstein ein ÖPP-Verfahren gestartet. Warum sanieren Sie die nicht auch selbst?

Die Initiative kam ja bekanntlich von den Stadtverordneten, in Potsdam mal ein solches Projekt zu probieren. Wir haben eine Wirtschaftlichkeitsanalyse erstellt und die hat ergeben, dass das Verfahren vorteilhaft wäre. Wir haben ein Interessenbekundungsverfahren gestartet, jetzt werden die Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert ...

...Sie hatten also Bewerber ...

... ja, es waren elf, von denen wurden vier oder fünf zur Abgabe aufgefordert und ich bin ganz optimistisch. Das Investitionsvolumen liegt bei 25 Millionen Euro. ÖPP-Verfahren brauchen bekanntlich eine gewisse Größenordnung, um wirtschaftlich zu sein.

Dieses Verfahren hat nicht nur Vorteile, siehe Landtag, der schon jetzt 15 Millionen Euro mehr kostet. Hegen Sie nicht die Befürchtung, dass auch das Schul-ÖPP-Projekt am Ende für die Stadt teurer wird?

Auch als Bauingenieur und Fachmann, der schon mal auf der anderen Seite gestanden und Angebote abgegeben hat, denke ich, das wir unser Projekt mit dem Landtag bei Weitem nicht vergleichen können. Außerdem hängt es immer davon ab, wie sich ein solches Projekt entwickelt, wie die Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung definiert waren, ob Einflussfaktoren hineinspielen können, die den Bieter dazu verführen, Nachträge zu stellen. Da ist eine klassische Schulsanierung, teilweise mit einem Erweiterungsbau wie beim Humboldt- Gymnasium, doch deutlich überschaubarer und wir haben mit unseren Fachleuten die Ausschreibungsunterlagen sehr, sehr intensiv bearbeitet. Ich gehe davon aus, dass sich – wenn sich an der Bedarfssituation nichts ändert – an der Festpreisvereinbarung nichts groß ändern wird.

Wie gut ist denn Ihr Nachtragsabwehrmanagement?

Ich denke mal, da sind wir recht gut. Beispiel Hans Otto Theater. Da haben wir bis auf ein paar Euro Überschuss das Projektbudget eingehalten, bei der Feuerwache auch. Bislang mussten wir den Stadtverordneten noch keinen Beschluss zur Nachfinanzierung irgendwelcher begonnener Projekte vorlegen.

Wie zufrieden sind Sie generell mit der Schulplanung? Es gibt ja Gebiete wie das Bornstedter Feld oder die Speicherstadt, wo man sich um derlei sehr spät oder noch gar nicht gekümmert hat.

Unmittelbaren Einfluss darauf habe ich nicht. Das ist sicher eine der Schwierigkeiten im wachsenden Potsdam. In vergangenen Jahren haben wir uns vor allem über Schulschließungen unterhalten, Schulgebäude wurden verkauft, vermietet, verpachtet und jetzt gibt es die Tatsache, dass Potsdam deutlich wächst. Ganz einfach ist das aber nicht. Ein Beispiel ist das neue Semmelhaack-Quartier am Bahnhof mit 600 Wohnungen. Nach dem üblichen Planungsschlüssel hätte man mindestens eine kleine Grundschule und eine Kita gebraucht, aber aufgrund der geringen Wohnungsgrößen und der daraus resultierenden Zielgruppe wohnen dort nur zwei Kinder. Das heißt, für solche Entwicklungsgebiete ist eine verlässliche Planung relativ schwierig.

Bleiben wir noch bei dem Standort. Neben Semmelhaack errichtet auch die Pro Potsdam in der Friedhofsgasse und der Heinrich-Mann-Allee noch einmal 500 Wohnungen. Von einer neuen Schule oder Kita hört man aber nichts.

Wir werden auf jeden Fall im Bereich des Humboldt-Gymnasiums ein Grundstück für eine Grundschule freihalten. Das heißt nicht, dass wir auch eine bauen. Dazu fehlen noch die Informationen aus der Stadtplanung, was etwa die Wohnungsgrößen angeht. Wir werden in diesem Jahr versuchen, mit externer Unterstützung ein Frühwarnsystem für solche städtebaulichen Indikatoren einzurichten und dafür auch Fördermittel einzuwerben. Es geht dabei auch um die innere Entwicklung von Wohngebieten. Schauen Sie sich Potsdam-West an. Dort hat vor drei, vier Jahren noch kein Mensch über Kinder geredet. Jetzt kippt dieses Wohngebiet mit rasanter Geschwindigkeit und wir haben dort plötzlich Kinder. Gott sei dank haben wir dort die Möglichkeit, Schul- und Kitakapazitäten zu schaffen, aber wenn uns das an anderer Stelle passiert, wird es womöglich ein bisschen schwieriger.

In Potsdam-West gibt es auch noch Bedarf für eine zweite Turnhalle.

Richtig. Diesen Bedarf werden wir in den nächsten drei Jahren noch nicht decken können, aber das ist nicht dramatisch. Das neue Gymnasium wächst ja langsam auf, insofern genügt die Bestandsturnhalle zunächst. Aber nach 2014 müssen wir uns damit beschäftigen, dort eine Turnhalle für das Gymnasium zu errichten.

Gibt es noch weitere Standorte, die Sie für Schulneubauten vorhalten?

Derzeit nicht. Wir werden aber potenzielle Wachstumsgebiete wie Eiche perspektivisch im Auge behalten müssen.

Was steht denn 2011 auf der Agenda?

Wir werden mit dem Schwerpunkt Brandschutz an Schulen und Kitas weitermachen. Das sind relativ kleinteilige Maßnahmen. Der Erweiterungsbau nebst Sanierung der Grundschule Eiche ist ein herausragendes Projekt, zudem wird die Musikschule als letztes Gebäude am Campus Stern fertig. Wir werden an der Luxemburg-Schule die Sanierung der zweiten Schulhälfte vorbereiten. Wir werden am Schilfhof, wo eine Oberschule entsteht, die Komplettsanierung der einen Schulhälfte abschließen. Bei der Griebnitzsee-Schule geht die Komplettsanierung weiter. Zudem haben wir 13 Kitas in Arbeit. Am wichtigsten sind die Kita Sonnenschein im Zentrum-Ost, da wird ein Abschnitt fertig, die Arbeiten gehen 2012 weiter. Die KP-II-Maßnahme Kita Karl-Liebknecht-Straße wird abgeschlossen und bei der Kita Baumschule in der Geschwister-Scholl-Straße werden wir im Frühjahr mit dem Abriss des Bestandsgebäudes beginnen. Die Kita wird ja während der Bauzeit in die Kita Stormstraße verlagert, die im Januar übergeben wird. Mit dem Neubau der Kita in der Geschwister-Scholl-Straße wollen wir im nächsten Jahr fertig sein. Neben Kitas und Schulen ist die Bibliothek ein herausragendes Projekt und natürlich die Innensanierung des Alten Rathauses.

Bei der Bibliothek ist nach wie vor nicht klar, wie man dort mit den Brandwänden umgeht, die nach dem Abriss der hinteren Gebäude zu sehen sind.

Es sind zwei. Ein Giebel links und einer rechts zu den künftigen Nachbarn, damit wird man umgehen müssen, bis die Nachbarbebauung tatsächlich steht.

Wie viele Immobilien betreuen Sie insgesamt und wie hoch ist deren Wert?

Wir haben rund 200 Objekte im Bestand, davon sind die Hälfte Kitas und Schulen. Der Gesamtwert beläuft sich auf deutlich über 400 Millionen Euro.

Und welche sind Ihre größten Sorgenkinder?

Das Stadthaus ist ein Thema, aber auch die anderen Verwaltungsgebäude, wo außer Kosmetik in der Substanz recht wenig gemacht wurde. Das wird in den nächsten Jahren auch noch so bleiben. Beim Stadthaus haben wir in der mittelfristigen Planung weiteres Geld vorgesehen, das ist auch dringend notwendig. Wie viel müssten Sie denn ins Stadthaus reinstecken?

Hier könnten wir gut und gern 14 Millionen Euro versenken und dann sieht es richtig gut aus. Bei der Grundsubstanz, Haustechnik etwa, haben wir einiges gemacht. Die dritte Etage ist so gut wie fertig, den Großteil der Treppenhäuser haben wir hinter uns. Was noch fehlt, sind weite Bereiche des ersten und zweiten Obergeschosses. Was uns am Herzen liegt, ist die Aktivierung des Souterrains als zusätzliche Bürofläche, um perspektivisch das Thema Bürocontainer auch mal abschließen zu können.

Aber dafür gibt es weder einen Finanzierungs- noch einen Zeitplan?

In der Planung bis 2013 haben wir insgesamt 3,1 Millionen Euro fürs Stadthaus drin, vor allem für die Barrierefreiheit, etwa einen Aufzug am Haupteingang.

Das hört sich nach Konflikten mit dem Denkmalschutz an.

Es wird sicherlich Diskussionen geben. Wir werden aber keinen Glasaufzug neben das Stadthaus setzen, sondern neben dem Haupttreppenhaus einen Aufzug bauen. In den folgenden Jahren werden wir die Sanierung des Gebäudes fortsetzen und hoffentlich 2014/15 so weit sein, dass wir zusätzliche Raumpotenziale aktivieren können.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie und wie viel Geld geben Sie in diesem Jahr aus?

Wir haben 160 Mitarbeiter, davon die meisten Hausmeister, Platz- und Hallenwarte. Wir geben für die Verwaltung 30 Millionen Euro aus, investiert werden ebenfalls 30 Millionen Euro.

Das Interview führte Peer Straube

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