Aus dem GERICHTSSAAL: Verletzte und ein Toter nach Massenunfall auf der B 273
Anklage: Radfahrer grob verkehrswidrig überholt / 22-Jährige bestreitet dies / Urteil am 29. Mai erwartet
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„Es sah aus wie ein Trümmerfeld“, beschreibt einer der als Zeugen geladenen Polizeibeamten das Szenario am 12. Dezember 2006 auf der Bundesstraße 273 nahe Marquardt. Ein roter Mazda quetschte unter einem Lkw. Zwei demolierte Pkws standen in der Nähe. Die Verletzten, unter ihnen die Mazda-Fahrerin als Unfallverursacherin, waren bereits ins Krankenhaus gebracht worden. Zurück blieb ein Toter. Und da war noch der junge Radfahrer. Er soll schuld an dem furchtbaren Geschehen sein, behauptet Sandra S. (22) vor dem Schöffengericht.
Die Staatsanwaltschaft sah das anders, klagte die künftige Altenpflegerin wegen fahrlässiger Tötung an. Nach ihren Erkenntnissen überholte die damals 20-Jährige auf ihrem Weg zum Weihnachtseinkauf im Sterncenter den Radler grob verkehrswidrig. Danach sei sie mit einem entgegenkommenden Lastwagen kollidiert. Ein Reifen platzte. Der Koloss war nicht mehr lenkbar, krachte in einen Ford. Dessen 50-jähriger Fahrer verstarb noch an der Unfallstelle. Eine ebenfalls in den Massencrash verwickelte Fiat-Besitzerin erlitt unter anderem Brustwirbelverletzungen, war vier Monate lang krank geschrieben.
„Der Radfahrer schoss, ohne zu gucken, von rechts aus einem Seitenweg auf die Straße. Ich habe gebremst, da brach mein Auto nach links aus. Dann hat es auch schon gekracht“, erzählt Sandra S., die mit Prellungen, einer Kopfplatzwunde und Schnittverletzungen glimpflich davon kam. „Bevor ich auf die B 273 auffuhr, habe ich mich versichert, dass das gefahrlos geschehen kann“, berichtet Clemens C.* (21) aus Ketzin. Den Mazda der Angeklagten habe er in weiter Entfernung hinter sich gesehen. Nach einigen Metern Fahrstrecke habe er einen Knall vernommen, sei unmittelbar danach durch irgend etwas von seinem Mountainbike geschubst worden. Das Rad rollte unter die Leitplanke. „Ich robbte hinterher“ , so der Student, der damals seinen Zivildienst in Potsdam ableistete.
Der Lkw-Fahrer Gregor G.* (37) bestätigt, der Radfahrer habe sich bereits auf der Bundesstraße befunden. „Er kam mir entgegen, fuhr ganz rechts auf seiner Seite.“ Dann habe er den Mazda direkt vor sich gesehen. „Ich versuchte noch wegzulenken, aber es war zu spät. Wirklich happy war ich, als ich das Mädel aus seinem Auto steigen sah.“ Den Moment, als sich der Pkw direkt unter seinen Fahrersitz bohrte, kann der Berliner einfach nicht vergessen. Seit dem Unfall sitzt er nicht mehr „auf dem Bock“, befindet sich in psychologischer Behandlung. Die Verhandlung wird fortgesetzt. Das Urteil soll am 29. Mai gesprochen werden. (*Namen geändert.) Hoga
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