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Landeshauptstadt: Verlierer gehen in Berufung

Griebnitzsee: Stadt droht mit Ordnungsverfügung bei Schließung des Uferwegs

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Babelsberg - Die Hoffnung der Stadt, mit einem Urteil den Streit um einen öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee zu beenden, hat sich zerschlagen. Einen Tag nach dem Richterspruch zum Uferweg kündigten alle Verlierer an, Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen zu wollen.

Verwaltungsrichter Volker Reimus hatte am Dienstag entschieden, dass es für drei Grundstücke entlang des Griebnitzsees keine öffentlichen Betretungsrechte gibt, die sich aus dem Brandenburger Naturschutzgesetz herleiten lassen. Insgesamt acht Eigentümer hatten gegen die Stadt und die Betretungsrechte geklagt – fünf unterlagen vor Gericht. Die Sieger könnten theoretisch den Weg nun sperren, wenn sie ihn nicht umbauen, sagten die Richter.

Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) kündigte für diesen Fall an, dass die Stadt dann eine Ordnungsverfügung erwirken werde. Er warnte jedoch: Sollte Passanten von einem der drei vor Gericht siegreichen Anwohnern oder den womöglich beauftragten Wachleuten mit dem Hinweis auf ein Privatgrundstück der Weg versperrt werden, müsse dem Folge geleistet werden. Ansonsten drohe eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch.

Exner fühlte sich trotz der Gerichtsurteile gegen die Stadt „bestätigt“. Das Gericht hatte alle Grundstücke zu freier Landschaft in früheren Zeiten erklärt, jedoch sind diese Landschaften von drei der klagenden Eigentümer irgendwann – und zwar vor der Veränderungssperre vom Februar 2005 – in Hausgärten umgewandelt worden. Das war der Grund, warum die Stadt keine Betretungsrechte für die Öffentlichkeit aus dem Brandenburger Naturschutzgesetz ableiten kann. Denn die im Gesetz festgeschriebenen Betretungsrechte, mit denen die Stadt immer wieder den Uferweg offen gehalten hatte, würden nur für freie Landschaft gelten, machte Richter Volker Reimus am Ende der Verhandlung deutlich.

Ob die Umwandlung der freien Landschaft in Gartenfläche, die zur Niederlage für die Stadt geführt hat, rechtmäßig war, soll nun in der nächsten Instanz geprüft werden. Das kündigte Burkhard Exner an. Wenn nicht, könne die Stadt nach Ansicht von Anwalt Uwe Graupeter auch im Nachhinein noch Ordnungsverfügungen dagegen erlassen – was womöglich erneut zu einer anderen Situation in den juristischen Ränkespielen zwischen einem Teil der Anwohner und der Stadt führen würde.

Beide Seiten bekunden immer wieder öffentlich ihr Interesse an neuen Verhandlungen, bauen im nächsten Atemzug allerdings neue Drohkulisse auf. Gestern nun teilte die Stadt mit: „Stadt und Anwohner signalisieren Bereitschaft zu einvernehmlicher Lösung“ – allerdings unter verschiedenen Vorzeichen. Während die Parkordnung für den von den Stadtverordneten beschlossenen öffentlichen Uferpark laut Exner weder Fahrradverbote noch nächtliche Schließzeiten vorsehen wird, sind dies zwei der Hauptforderung der verschiedenen Grundstückseigentümer.

SPD-Fraktionschef Mike Schubert erklärte gestern, jeder Grundstückskäufer habe den Kauf „in Kenntnis dessen getan, dass am See ein Weg für die Allgemeinheit vorbeiführt“. Die Gratwanderung der Sozialdemokraten in diesem Fall ist die Person Wolfhard Kirsch, der sowohl für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung sitzt als auch einer der siegreichen Kläger ist. Schon Richter Volker Reimus bemerkte in der Verhandlung am Mittwoch: „Sie sind immer dabei, herzlichen Glückwunsch.“

Bei der Umsetzung des Griebnitzsee- Uferparks muss die Stadt nun in Kaufverhandlungen mit den Grundstückseigentümern gehen. Zwanzig Prozent der Grundstücke sind in Privateigentum, der größte Teil gehört dem Bund. Wie Exner gestern sagte, habe die Stadt wieder Verhandlungen mit dem Bund über den Verkauf aufgenommen. Am Seeufer selbst zeichnet sich ein bizarres Bild der Grundstücke. Während teilweise Zäune rechts und links den Weg weisen, haben andere Anlieger ihre Grundstücke vergrößert und den Weg direkt ans Ufer verlegt. Einige Anrainer sagen inzwischen, die bis zu zwei Meter hohen Mauern und Zäune würden an das US-amerikanische Gefangenenlager Quantánamo auf Kuba erinnern.

Jan Brunzlow

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