Landeshauptstadt: Verlust humaner Maßstäbe nicht hinnehmen
Woche der Brüderlichkeit: Hans-Ulrich Schulz betont gemeinsame Werte von Juden und Christen
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Innenstadt - „Verlorene Maßstäbe“ lautet das Motto der diesjährigen „Woche der Brüderlichkeit“. Hans-Ulrich Schulz, bis Februar der für Potsdam zuständige Generalsuperintendent, nannte das Motto gestern zur Auftaktveranstaltung im Haus der Brandenburg-Preußischen Geschichte „ein wenig pessimistisch“. Es genüge nicht, den Verlust christlich-humaner Werte wie Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung als „Phantomschmerz“ zu empfinden. „Wir dürfen diesen Verlust nicht hinnehmen.“
Hans-Ulrich Schulz erwähnte die Synodalerklärung der evangelischen Kirche zum christlich-jüdischen Gespräch über Jesus. „Wir haben dazugelernt“, bemerkte der ehemalige Generalsuperintendent. Und: „Ohne die jüdische Geschichte ist Kirche gar nicht denkbar.“
Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD), der die Veranstaltung im voll besetzten Saal des Hauses eröffnete, erinnerte daran, dass es die Woche der Brüderlichkeit in der alten Bundesrepublik bereits seit 1951 gibt. Das jährlich wieder kehrende Ereignis befördere die Verständigung von Christen verschiedener Bekenntnisse mit Juden unterschiedlicher Traditionen. In den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit engagierten sich deutschlandweit 20 000 Mitglieder, Freunde, und Förderer. Der Potsdamer Vorsitzende der Gesellschaft, Hans-Jürgen Schulze-Eggert, erklärte den Zuhörern, dass das diesjährige Motto von den verlorenen Maßstäben durch einen Koordinierungsrat aus 80 Gesellschaften gefunden worden ist. „Aber was nützt es, Maßstäbe zu haben, die nicht beachtet werden?“ – fragte Schulze-Eggert und schloss Kriege von Staaten, die christliche Werte für sich beanspruchen ebenso in die Frage ein wie die Feindschaft zwischen Israelis und Palästinensern.
Der stellvertretende Vorsitzende der Potsdamer jüdischen Gemeinde Michael Tkach drückte die Hoffnung aus, dass zum 20. Jahrestag der Wiedergründung der Jüdischen Gemeinde in Potsdam die Neue Synagoge in der Schloßstraße 1 eröffnet werden könne. Tkach erwähnte auch die unterschiedliche Bedeutung des Wortes „Brüderlichkeit“. Die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion assoziierten damit Worthülsen wie „Waffenbrüder“ und „brüderlich vereint“ der einstigen „sozialistische Gemeinschaft“ .
Eine Filmreihe im Filmmuseum Potsdam setzt die Woche der Brüderlichkeit in der Landeshauptstadt fort. Gezeigt wird die Dokumentarfilmreihe „Die Juden - Geschichte eines Volkes“ von Nina Koshofer und Sabine Klauser. Die Teile 1 bis 3 werden am heutigen 9. März, die Teile 4 bis 6 am 11. März jeweils um 14 und 16 Uhr zu sehen sein. Der Eintritt zu den 90-minütigen Vorstellungen ist frei. G. Schenke
G. Schenke
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