Aus dem GERICHTSSAAL: Verpatzte Chance
Gerichtsverhandlung kostete begehrte Lehrstelle
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Der Ausbildungsplatz zum Fluggeräte-Mechaniker war deutschlandweit nur einmal ausgeschrieben – und Patrick P.* (21) aus Potsdam erhielt den Zuschlag. Dann musste der Ex-Sportschüler zugeben, dass er sich demnächst wegen Körperverletzung, Widerstandes gegen Polizeibeamte und Sachbeschädigung vor Gericht verantworten muss. Ein Anderer bekam die begehrte Stelle. Nun lernt Patrick P. in Babelsberg Kfz-Mechatroniker. Wieso er am 26. April 2008 auf dem Werderaner Baumblütenfest derart die Kontrolle verlor und damit seine Chance vom Traumberuf bei der Bundeswehr gründlich verpatzte, verrät der Hobby-Sprinter vor Gericht zunächst nicht.
So sind die Zeugen gefragt. Falko F.* (41) aus Berlin, der an jenem Tag mit seiner Lebensgefährtin Karin K. und einem befreundeten Pärchen nach Werder gefahren war, kann sich bis heute nicht erklären, wieso er von Patrick P. attackiert wurde. „Der junge Mann lief mit einem Mädchen vor mir. Auf einmal drehte er sich um und stieß mich gegen den Oberkörper. Dann hatte ich seine Faust im Gesicht“, so der Kleinunternehmer. „Ich wollte seine Arme festhalten, aber er war total überdreht. Ich habe ihn kaum unter Kontrolle gekriegt. Irgendwann sind wir zu Boden gefallen.“ Eine Bekannte habe die Polizei informiert. „Später habe ich dann bemerkt, dass ein Stück meines Backenzahns abgebrochen war. Und am nächsten Morgen hatte ich ein prächtiges Veilchen.“ „Mein Lebensgefährte ging ein paar Meter vor mir. Auf einmal war er weg“, erinnert sich Karin K.* (42). „Dann sah ich ihn mit dem Angeklagten im Gras liegen. Etwas entfernt stand ein junges Mädchen und weinte bitterlich. Es sagte, die Partnerin des Angeklagten sei ihre beste Freundin. Die habe sich gerade von Patrick P. getrennt. Als sie mit ihm darüber reden wollte, sei er sehr aggressiv gewesen und habe sie geschubst.“
Überraschend meldet sich der Angeklagte nun doch zu Wort und räumt ein, zwei Literflaschen Wein getrunken zu haben. Wie die Rangelei mit Falko F. begann, vermag er daher nicht zu sagen, weiß auch nicht mehr, dass er seinen Kopf mehrfach gegen den Streifenwagen rammte. Ein Bild prägte sich ihm allerdings ein. „Auf einmal war da ein Riesenmob. Alles fummelte und zerrte an mir herum. Dass auch Polizisten dabei waren, habe ich erst erkannt, als ich gefesselt und halb blind von dem Pfefferspray am Boden hockte.“ Dann habe sich der ganze Spuk in Luft aufgelöst. Die Polizisten seien zu einem anderen Einsatz gerufen worden.
„Das Verfahren hatte gravierende Auswirkungen auf den Angeklagten“, konstatiert die Richterin. Patrick P. müsse nicht auch noch mit dem Makel einer Vorstrafe durchs Leben gehen. Allerdings hat er seinem Kontrahenten Heiko H. 500 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Danach wird die Akte zugeklappt. (*Namen geändert.) Hoga
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