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Dekorierte Ostereier im Wendischen Museum in Cottbus. Die Ostereiersammlung des Esseners Gerd Koos ist bis zum 26. April zu sehen.

© Patrick Pleul/dpa

Von Brita Beyer: Verschlüsselte Botschaften auf dem Ei

Sorbische Osterbräuche stehen in der Lausitz wieder hoch im Kurs

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Cottbus - Im Storchendorf Dissen bei Cottbus bemalen zwölf Neugierige Hühner- und Terrakotta-Eier mit verschlüsselten Botschaften. „Bei uns gibt es einen Kurs über Geheimdiplomatie auf sorbischen Ostereiern“, sagt Babette Zenker, die Leiterin des dortigen Heimatmuseums. „Nur wenige Leute wissen mit den aus der Slawenzeit vor mehreren Jahrhunderten stammenden Zeichen etwas anzufangen.“ Doch die alten Bräuche sind wieder im Kommen. „Immer mehr Menschen in der Nieder- und Oberlausitz färben heute die Ostereier nicht nur einfach bunt, sondern setzen mit dem Aufbringen von Symbolen und Verzierungen auf die ältesten volkskünstlerischen Äußerungen der Menschheit“, sagt Hans-Peter Petrick von der Sorbischen Kulturinformation „Lodka“ („Truhe“) in Cottbus.

So sollen Wolfszähne auf dem Ei vor dem Bösen schützen und Kraft geben, wie Museumsleiterin Zenker erläutert. Das Sonnenrad mit nach außen gerichteten Strahlen verspricht Lebensglück, nach innen gerichtete Zeichen bewahren Haus und Hof vor Schaden. „Aus drei im Dreieck angeordneten Punkten entsteht mit einem Federkiel oder einer Stecknadelkuppe das kirchliche Frühlingssymbol für die Dreieinigkeit von Gottvater, Sohn und Heiligem Geist, und es steht auch für die Einigkeit der Familie von Vater, Mutter und Kind“. Auch Kreuz und Lamm, Kornähre, Sterne, Blumen und Tiere kommen nach sorbischem Brauch auf das Ei als historisch überlieferte Symbole für Wachstum und Fruchtbarkeit. In Brandenburg und Sachsen leben nach Schätzungen rund 60 000 Sorben, die in Deutschland als Minderheit anerkannt sind.

Die prachtvollsten Ostereier sind bei großen Sonderausstellungen zu sehen, etwa im Cottbuser Wendischen Museum. Hier zeigt der aus Essen stammende Hobbysammler Gerd Koos über 1000 bunt verzierte Ostereier aus aller Welt, rund ein Viertel davon aus der Lausitz. In der Sorbischen Webstube in Drebkau kann man sogar mehr als 2500 Eier bewundern.

Auch viele andere sorbische Osterbräuche stehen wieder hoch im Kurs, wie Petrick sagt. Ganz vorne liege der Jahrhunderte alte Brauch vom Waleien, bei dem die bunten Ostereier eine abschüssigen Sandbahn hinabgerollt werden und die Eier der Mitspieler treffen müssen. In Cottbus wurde der sorbische Brauch jetzt sogar zur Meisterschaft erhoben. 14 Teams kämpften vor einer Woche mehrere Stunden um den Titel „Lausitzer Walei-Meister 2009“.

Nur noch in einigen Dörfern rund um Cottbus wird der Brauch vom Osterwasser-Holen gepflegt. In der Nacht zu Ostersonntag schöpfen die jungen Mädchen vor Sonnenaufgang das angeblich heilkräftige Wasser aus Quellen und Fließen. Dabei darf nicht gesprochen werden, sonst wird es zu Plapperwasser und verfehlt seine ihm nachgesagte gesundheitsfördernde Wirkung.

„Der bei uns wohl am weitesten verbreitete Sorbenbrauch ist bis heute das Osterfeuer“, berichtet Petrick. Dieser Brauch geht auf den von vielen Völkern verbreiteten Glauben an die reinigende Kraft des Feuers zurück. Besonders junge Leute dürfte es auch in diesem Jahr wieder am Samstagabend in Scharen an die meterhohen Feuer ziehen.

Mehr als 1500 Osterfeuer sind nach Angaben der Leitstelle Lausitz in Südbrandenburg angemeldet.

Die größten Osterfeuer soll es auf dem Lausitzring bei Klettwitz, am Peitzer Festungsturm, in der deutsch-sorbischen Gemeinde Drachhausen und an der Cottbuser Spreewehrmühle geben. Im Lübbenauer Ortsteil Kerkwitz überbringen nach einer überlieferten Tradition aus dem 16. Jahrhundert am Ostersonntag wieder etwa 35 stille Osterreiter die Botschaft von der Auferstehung Christi. Und am Ostermontag können Kinder im Cottbuser Spreeauenpark mehr als 4500 bunte Ostereier suchen.

Brita Beyer

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