Homepage: Verschneite Vorgärten
Woran denkt man beim Thema Familie? Das Theaterlabor der FH Potsdam setzte sich damit auseinander
Stand:
Die neun Studierenden auf der Bühne, zwei davon männlich, haben scheinbar kein Problem damit, vor Zuschauern aufzutreten. Sie durchbrechen mehrfach die Barriere zwischen der Bühne und dem Publikum, indem sie sich unter die Zuschauer begeben und diese so ins Stück einbeziehen. Ganz offensichtlich haben sie Spass. Und zeigen ein vielfältiges Programm: sie singen, sprechen – auch mal mit Zwieback im Mund – und bewegen sich dazu in einer Art, die man eher nicht als Tanz bezeichnen würde. Austoben ist wohl das richtige Wort. Dann sitzen sie auch mal wieder ganz still vor einer Leinwand und schauen ein selbstgedrehtes Video, das allerdings nicht ganz zum Thema passt. Es sei denn, man verbindet Familie gedanklich mit verschneiten Vorgärten. Die Zuschauer sind trotzdem zufrieden und klatschen am Ende nicht nur aus Höflichkeit.
„Familiengeschichten“ hat das Theaterlabor des Fachbereichs Sozialwesen der Fachhochschule Potsdam am Mittwoch im Schaufenster in der Friedrich-Ebert-Straße präsentiert. Tine Pfeil ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich ästhetische Praxis und Bildung des Fachbereichs Sozialwesen, hat Theaterpädagogik studiert und das Theaterlabor vor eineinhalb Jahren gegründet. Die Studierenden sollen sich auf der Bühne erproben, erklärt sie, und einer anderen Form des Lernens begegnen, abseits der bloßen Theorie. Die Aufführung ist das Ergebnis der Arbeit von einem Semester, bei der in erster Linie der Weg das Ziel war. Allerdings sei von Beginn an klar gewesen, dass es am Ende eine Präsentation vor Publikum geben werde, so Pfeil. Denn Theater müsse Zuschauer haben. Die beiden Vorstellungen am vergangenen Mittwoch werden aber die einzigen bleiben.
Das Thema Familie, von Pfeil ausgesucht, weil es künftige Sozialarbeiter im Berufsalltag natürlich beschäftigen wird, ist ein dankbares und kommt gut an: jeder hat Familie und kann sich in der Darstellung typischer Situationen selbst wiedererkennen. Nach den Themen „Schwimmen lernen“ und „Identität“ ist „Familiengeschichten“ bereits das dritte, mit dem sich das Theaterlabor befasst. Manche Darsteller sind nicht zum ersten Mal dabei. Für die Teilnehmer gibt es einen Leistungsschein, der nicht benotet wird.
Im kommenden Semester wird das Theaterlabor fortgeführt und erweitert. Dann heißt das Thema „Erfinde dich selbst und neu“. In Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Filmmuseum und von der Bundeskulturstiftung gefördert wird man sich mit Fragen rund um die Erwerbsarbeit und die sogenannte „Generation Praktikum“ auseinandersetzen. Filmvorführungen und Podiumsdiskussionen sind geplant, im Juni soll ein von Studenten organisiertes Workcamp stattfinden.
Um der Perspektive der Studenten, die das Berufsleben in der Regel noch vor sich haben, etwas entgegenzusetzen, sollen Rentner eingeladen werden, im Theaterlabor mitzumachen und so auch den Blick zurück auf die Erwerbsarbeit einfließen zu lassen. Interessenten können sich bei Tine Pfeil an der FH melden (pfeil@fh-potsdam.de; Tel. 580 11 50). Erfahrungen mit dem Austausch von alt und jung hat man an der FH bereits an anderer Stelle gesammelt: seit zwei Semestern gibt es den Dialog der Generationen, der auch im kommenden Semester fortgeführt wird. Auch dort sind neue Teilnehmer willkommen. Ansprechpartnerin ist Prof. Jutta Bott (bott@fh-potsdam.de; Tel. 5801122) . Sebastian Ehrlich
Sebastian Ehrlich
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