Sport: Verteidigungsstrategien einer Stürmerin

Aufgeregt ist Lidija Kulis schon gewesen. Denn für die Fußballerin des 1. FFC Turbine Potsdam war es fünf Spieltage vor Saisonschluss der erste Bundesligaeinsatz in der Startelf. Und dann auf ganz ungewohnter Position: Die gelernte Stürmerin sorgte gegen die SGS Essen auf der linken Verteidigerposition für Sicherheit in der Potsdamer Hintermannschaft. Nun steht für Kulis am morgigen Freitag (19 Uhr) ein Gegner von größerem Kaliber auf dem Spielplan: VfL Wolfsburg.

Ein Spiel, dessen Überschrift wohl auch „Immer wieder Wolfsburg“ lauten könnte. Denn nach den beiden Champions-League-Partien im April gibt es am morgigen Freitag ein erneutes Aufeinandertreffen des derzeitigen Tabellenzweiten, Turbine, und den Verfolgerinnen auf dem dritten Rang, dem VfL Wolfsburg.

Gute Erinnerungen an das letzte Spiel gegen die Wölfinnen können die Potsdamer leider nicht aufweisen. „Wir waren vor allem nach den Toren einfach zu unkonzentriert“, meint Lidija Kulis. Unkonzentriertheiten, die viel gekostet haben. Mit Lisa Evans und Stefanie Draws verletzten sich gleich zwei Spielerinnen, dazu kam das Aus im Champions-League-Halbfinale. Vor knapp einem Monat konnte Lidija Kulis das Treiben auf dem Platz noch aus der zweiten Reihe von der Ersatzbank aus beoachten. Denn die Stürmer-Konkurrenz bei Turbine ist groß, an Genoveva Anonma, Asano Nagasato und Natasa Andonova ist kaum ein Vorbeikommen. Kulis selbst sagt: „Ich will endlich spielen, da ist es mir egal, wo!“ Auf der Verteidigerposition fühle sie sich vollkommen wohl, sagt Kulis. 

Mit ihrer Schnelligkeit und Dynamik ist sie eine vielseitig einsetzbare Spielerin, ihr Trainer Bernd Schröder bezeichnete sie jüngst als Spielerin der Zukunft bei Turbine. Nun scheint die Zukunft schneller zu beginnen als gedacht. Schon am Freitag könnte der zweite Einsatz von Beginn an für Spielerin mit bosnisch-herzogowinischen Wurzeln folgen. Auch wenn der Wechsel vom Sturm in die Abwehr für die 22-Jährige erst einmal mit einigen Umstellungen verbunden war. „In der Abwehr muss man ständig konzentriert sein.“ Im Training sei viel daran gearbeitet worden, das Spielverständnis in der neu formierten Abwehrkette zu verbessern. „Tabea und Johanna helfen mir sehr viel, mich zurechtzufinden.“ Mit Johanna Elsig in der zentralen Verteidigerposition reagierte Turbine-Cheftrainer Schröder auf den Ausfall von Stefanie Draws. „Johanna macht das super und ich fühle mich mit ihr neben mir total sicher“, meint Kulis. Diese Sicherheit wird die Spielerin mit der Rückennummer 23 in der Partie gegen den VfL Wolfsburg brauchen. Denn mit Martina Müller, Alexandra Popp und Conny Pohlers ist der Angriff der Wolfsburgerinnen gespickt mit Weltklasse-Stürmerinnen. „Die Offensive von Wolfsburg ist unglaublich gut, aber wir kennen auch unsere Stärken.“

Im Endspurt im Kampf um die Deutsche Meisterschaft sind die drei Punkte für Turbine Potsdam aus dem letzten Nachholspiel enorm wichtig, um am derzeitigen Tabellenführer 1. FFC Frankfurt vorbeizuziehen. Außerdem könnten sie mit einem Sieg die Wolfsburgerinnen weiterhin auf Abstand halten und dem Saisonziel Champions-League-Qualifikation ein Stück näher kommen. Dazu müsse ihre Mannschaft aber ihr eigenes Spiel aufziehen, so Kulis. „Wir müssen das Tempo im Spiel hochhalten und von Anfang an Druck nach vorne machen.“ Die Aufregung vor diesem Spiel endet für Lidija Kulis spätestens mit dem Anpfiff. Von da an konzentriert sie sich auf ihre Aufgabe. Und die heißt für die gelernte Stürmerin: Verteidigen.

Chantal Willers