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Landeshauptstadt: Verwirrspiel um eine Unfallflucht

Von Gabriele Hohenstein Zwei Tage lang verhandelte das Amtsgericht über eine Unfallflucht. Am Ende war der Staatsanwalt von der Schuld des Angeklagten überzeugt.

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Von Gabriele Hohenstein Zwei Tage lang verhandelte das Amtsgericht über eine Unfallflucht. Am Ende war der Staatsanwalt von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Die Verteidigerin plädierte auf Freispruch. Bernd M. (41) soll am Vormittag des 10. Juni 2003 am Jägertor mit einem gemieteten Nissan-Geländewagen beim Ausparken gegen einen benachbarten VW Golf gestoßen sein, danach Unfallflucht begangen haben. Schaden am Pkw: 1300 Euro. Am Jeep fand sich laut Autovermietung kein Kratzer. (PNN berichteten.) Bernd M. bestritt am ersten Verhandlungstag, den Nissan zur Unfallzeit um 10 Uhr gefahren zu haben. Da habe er mit einem Kollegen im Café Staudenhof gefrühstückt. Dieser bestätigte das Alibi des Angeklagten. Ein Polizist – zufällig Augenzeuge des Crashs geworden – war sich allerdings 100-prozentig sicher, Bernd M. sei der Unfallverursacher. Wieso der Ordnungshüter nicht unverzüglich einschritt, sich lediglich das Kennzeichen des Nissan notierte, steht in den Sternen. Ein anderer Kollege des Angeklagten sollte den Jeep an jenem Morgen am Jägertor abstellen, die Fahrzeugschlüssel in den Firmenbriefkasten werfen. Der Mann machte am gestrigen zweiten Verhandlungstag von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um sich nicht selbst zu belasten. Der Arbeitgeber von Bernd M. – als Zeuge geladen – war sich sicher, besagte Fahrzeugschlüssel bereits zwischen 9.00 und 9.30 Uhr auf seinem Schreibtisch gesehen zu haben. Der Angeklagte kam gegen Mittag zur obligatorischen Besprechung in die Firma. Während der Staatsanwalt von der Glaubwürdigkeit des Polizeizeugen, der als unbeteiligter Dritter keinerlei Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, überzeugt war und die Kollegen- Aussagen in Zweifel zog, mutmaßte Verteidigerin Alexa Graeber, Polizisten sähen gern diejenigen verurteilt, die sie angezeigt haben. Zudem besäße der Kollege, der den Jeep vormittags abparken sollte, eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Angeklagten. „Fakt ist, das Auto wurde um 10 Uhr bewegt. Der Schlüssel kann also nicht schon vorher in der Firma deponiert worden sein“, erwiderte der Ankläger und beantragte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 35 Euro für den Angeklagten. Das Gericht sprach ihn nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ frei.

Gabriele Hohenstein

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