Landeshauptstadt: Verwirrung um Entlastungszeugen Widersprechende Aussagen sollen Angeklagte im Marquardt-Prozess entlasten / Verfahren verlängert
Im Prozess um den Überfall auf eine Hochzeitsfeier am Schloss in Marquardt haben gestern die Anwälte der Verteidigung mit unterschiedlichem Erfolg versucht, für ihre Mandanten mögliche Entlastungszeugen zu präsentieren. Weil zusätzliche Zeugen gehört werden, wird der Prozess länger dauern, als ursprünglich vorgesehen.
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Im Prozess um den Überfall auf eine Hochzeitsfeier am Schloss in Marquardt haben gestern die Anwälte der Verteidigung mit unterschiedlichem Erfolg versucht, für ihre Mandanten mögliche Entlastungszeugen zu präsentieren. Weil zusätzliche Zeugen gehört werden, wird der Prozess länger dauern, als ursprünglich vorgesehen.
Vor dem Amtsgericht geht es dabei um den Überfall auf eine Hochzeitsgesellschaft in der Nacht zum 2. Juli 2006, bei der mehrere Feiernde verletzt wurden. Unklar ist das Motiv der laut Polizei bis zu 15 Angreifer: Anfangs wurde ein rechtsradikaler Hintergrund angenommen.
Zwei der aufgebotenen Zeugen bezogen sich gestern beispielsweise auf Holger W.: Er ist einer von drei der sechs Angeklagten, die bisher keine Aussage machen wollten. Eine frühere Arbeitskollegin von W., die nun arbeitslose Sigrun T., sagte aus, sie habe nach dem Ende des parallel zur Hochzeit stattfindenden Dorffests in Marquardt Holger W. auf der Straße getroffen und mit ihm „gequatscht“. Später sei eine Frau gekommen und habe gebeten, die Polizei wegen einer Schlägerei am Schloss zu rufen. Zu dieser Zeit sei W. immer noch bei ihr gewesen. Dies konnte eine Bekannte von Sigrun T. so nicht bestätigen: Die Gebäudereinigerin will nach dem Fest – bis auf kurze Toilettenpausen – mit Sigrun T. unterwegs gewesen sein: „Da war keine männliche Person.“ Auch hätte sie keinen Anruf bei der Polizei mitbekommen. „Ich trinke keinen Alkohol und nehme keine Drogen“, sagte die Frau auf Nachfrage von Holger W.“s Anwalt Veiko Barthel, der die Aussage sichtlich genervt wirkend verfolgte.
Auch andere Beschuldigte – die Angeklagten sind alle zwischen 26 und 36 Jahre alt – spielten gestern in Aussagen von Entlastungszeugen eine Rolle. Diese Zeugen kamen allerdings aus dem meist jüngeren Freundes- und Bekanntenkreis der Angeklagten. So sagte die Freundin von Andy C. aus, sie sei zwar mit ihm am Schloss gewesen, aber nur als Beobachter. „Es war dunkel, ich habe nichts gesehen.“ Dies bestätigten zwei Kusinen des angeklagten Mike S. – eine sagte aus, dass sie ihren Cousin Mike betrunken aufgehoben habe, nachdem er von einer Bank vor dem Schloss gekippt sei. Bekannte von Sven C. sagten, sie seien mit ihm auch nach Ende der Dorfparty mit einigen Bieren noch am Festzelt geblieben – er könne deswegen nicht am Tatort gewesen sein.
Solchen Aussagen konnte gestern Anja K., die damalige Braut, nur wenige Erinnerungsdetails entgegen setzen. Sie könne keinen der Beschuldigten „mit Sicherheit“ identifizieren, sagte die 36-Jährige. Zu Prozessbeginn hatten ihr Mann und ein anderer damals Angegriffener vier der sechs Angeklagten erkannt. Jedoch schilderte sie ihre Sicht der Ereignisse: Zuerst habe sie etwa 3.30 Uhr „Deutschland, Deutschland, über alles“-Gesänge von drei Männern gehört, die sich der Party näherten und bald eine Rangelei anfingen. „Daraus wurde schnell eine Prügelei.“ Als die drei Schläger wieder abzogen, sei es kurz ruhig geblieben – bis plötzlich mehr als ein Dutzend Personen zurück kamen: „Mindestens zwei Frauen waren dabei.“ Die Hochzeitsgesellschaft floh in das angemietete Schloss, davor hätten die unbekannten Personen lautstark randaliert. „Wir hatten eine Mordsangst“, so Anja K., die laut eigener Aussage während des Angriffs mehrere Male die Polizei anrief – die erst kam, als alles vorbei war.H. Kramer
H. Kramer
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