Landeshauptstadt: Verzögerung beim Plattner-Campus Filmcafé für Randale im Visier?
Jahrelanger Rückstand / Umplanung bis Mitte 2005 / Gewerbeanteil nicht verringert / Neuer Projektleiter Pächter verzweifelt / Polizei: Keine gezielten Angriffe
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Jahrelanger Rückstand / Umplanung bis Mitte 2005 / Gewerbeanteil nicht verringert / Neuer Projektleiter Pächter verzweifelt / Polizei: Keine gezielten Angriffe Nedlitz - Der Baubeginn eines der größten Potsdamer Bauprojekte, des „Campus am Jungfernsee“, verzögert sich erheblich. Grund sind Umplanungen, die in den nächsten Monaten stattfinden. Das gaben die Beigeordnete für Stadtentwicklung und Bauen Elke von Kuick-Frenz und Projektmanager Erwin Wenzel gestern bekannt. Im Vorfeld hatten angebliche Äußerungen von Prof. Hasso Plattner für Aufregung gesorgt. Der Software-Unternehmer sollte laut einer Äußerung im Industrieclub Potsdam vom gewerblichen Teil des Projektes abgerückt sein. Wenzel: „Prof. Plattner hat diese Äußerungen nicht getan“. Wenzel betonte, dass auch in den neuen Planungen 105000 Quadratmeter Gewerbe- und 40000 Quadratmeter Wohnfläche vorgesehen sei. „Wir ändern nicht die Struktur, sondern die Figur.“ Praktisch heißt das, dass die bisher im Norden vorgesehenen Wohnbauten nach Süden verlagert werden und die Gewerbebauten in umgekehrte Richtung wandern. Elke von Kuick-Frenz informierte über Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Projektmanagement vor zwei Tagen. Zwar konnten nicht alle Schwierigkeiten im Detail ausgeräumt werden, jedoch werde „die geplante Wirtschaftsansiedlung von keiner Seite in Frage gestellt, auch nicht von Prof. Plattner.“ Nach wie vor sei vorgesehen, auf dem Gelände der ehemaligen Nedlitzer Kasernen einen „hochwertigen Technologie- und Wohnstandort“ zu entwickeln. Wenzel verweist darauf, dass es unerwartete Probleme bei der Altlastensanierung gebe. Sowohl das Grundwasser als auch der Boden seien stellenweise erheblich kontaminiert und müssten gereinigt oder ausgetauscht werden. 55000 Kubikmeter Boden seien bereits entfernt, weitere 15000 Kubikmeter folgen noch. Sorge bereite zudem eine fünf Meter dicke Schicht aus „Kohlengrus“ mit allen möglichen Einschlüssen. „Solange die nicht beseitigt ist, erhalten wir keine Munitionsfreibescheinigung“, informiert der Projektmanager. Die Altlastenbeseitigung ist im Kaufpreis des 35 Hektar großen Grundstücks, das Plattner zum Gutachterwert als hochwertiges Bauland erworben hat, enthalten. Im Auftrag der Brandenburgischen Boden-Gesellschaft finden derzeit weitere Boden- und Grundwasseruntersuchungen sowie Altlastenbeseitigungen statt. Wie geht es weiter? Von Kuick-Frenz erläutert, dass zunächst in einem speziellen Verfahren unter Beteiligung ausgewählter Architekturbüros ein neues städtebauliches Konzept ausgearbeitet werde. Auf dessen Grundlage entstehe anschließend ein Bebauungsplan, dessen Neuauslegung die Stadtverordnetenversammlung beschließen muss. Die Planungen müssten den „gravierenden Änderungen in Europa“ Rechnung tragen, meint Wenzel. Während die Veränderungen in der Nutzungsverteilung klar sind, bestehen erhebliche Unsicherheiten, in welcher Reihenfolge die Projektteile umgesetzt werden. „Wenn Baurecht geschaffen ist, wird das Leben zeigen, was passieren wird“, sagt Wenzel. Baubeginn ist nunmehr für 2006 vorgesehen. Für das Projekt ist eigens eine Gesellschaft „Campus am Jungfernsee“ gegründet worden. Geschäftsführer ist Hasso Plattner selbst. Als rechte Hand galt bisher sein Vertrauter Berthold Wipfler. Von Kuick-Frenz gab bekannt, dass Wipfler aus dem Spiel sei und dass statt seiner Gerhard Burkhardt als neuer Projektleiter tätig sei.Günter Schenke Innenstadt - Wut, Angst, Verzweiflung und Ratlosigkeit. So beschreibt Fouad Abdallah, was er seit Wochen empfindet. Mehr als sieben Mal habe er in den vergangenen drei Monaten die Polizei anrufen müssen, sagt Abdallah. Denn unbekannte Täter hätten sich immer wieder am Filmcafé, das Abdallah seit April 2003 von der Schlösserstiftung gepachtet hat, zu schaffen gemacht. „Manchmal waren sie zweimal in der Woche hier“, sagt der Gastronom. Erst seien ihm drei kleine und drei große, 100 Kilogramm schwere Pflanzenkübel mit teuren Kirschlorbeersträuchern, die er vor dem Café aufgestellt habe, gestohlen worden. Abdallah kaufte neue – und band die Pflanzen in den Kübeln fest. „Klauen geht jetzt nicht mehr, dafür werden sie umgekippt“, so Abdallah. Vor allem am Sonntag- oder Montagmorgen müsse er die umgestoßenen Pflanzenfässer wieder aufstellen, die Erde auffegen. Einmal sei auf der großen Glasfront des Cafés im historischen Marstall zermatschte Banane verteilt worden. Die kleinen Sonnenschirme seien kaputt gemacht und vor vier Monaten sei ein Fenster eingeschlagen worden. „Das sind keine Kinderspielchen mehr“, sagt Abdallah. Die Täter seien immer die gleichen Personen, die es auf sein Café abgesehen habe, glaubt der gebürtige Libanese. Nachdem er vor ein paar Tagen gehört habe, dass ein libanesischer Gastronom in Berlin-Weißensee überfallen worden sei, „habe ich jetzt wirklich Angst“. Zu später Abendstunde wolle er nicht mehr allein in seinem Café arbeiten. Die Potsdamer Polizei ist nicht der Meinung, dass es der oder die Randalierer gezielt auf das Filmcafé abgesehen hätten. „Darauf haben wir keine Hinweise“, sagte Sprecherin Angelika Christen. Ebenfalls sei kein politischer oder fremdenfeindlicher Hintergrund der Sachbeschädigungen auszumachen. Die Polizei habe am 30. Mai einen Tatverdächtigen ermittelt, der im öffentlichen Raum Pflanzen beschädigt habe. Er sei auf frischer Tat ertappt worden, so Christen, und man vermute, dass dem Mann weitere Taten zugeordnet werden können. Das Verfahren zur Anzeige Abdallahs vom 14. März sei eingestellt worden; bei einem weiteren Vorfall vom 27. Juni ermittle man im Zusammenhang mit dem „Rock gegen das Stadtschloss“, das gegenüber im Neuen Lustgarten stattgefunden hat. Fouad Abdallah beruhigt das wenig. „Viele Leute sagen mir, dass der Bereich vor dem Filmcafé jetzt sehr schön aussieht.“ Aber brauche er Hilfe, damit es so bleibe. „Dann ich würde gerne noch mehr investieren.“Sabine Schicketanz
Günter Schenke
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