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Landeshauptstadt: Verzögerung: Tausende Tonnen Sowjet-Erbe

Munitionsfreimessung auf dem zukünftigen „Campus am Jungfernsee“ aufwändiger als erwartet

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Munitionsfreimessung auf dem zukünftigen „Campus am Jungfernsee“ aufwändiger als erwartet Von Detlef Gottschling Nauener Vorstadt. Mit der Erschließung des Gebietes der ehemaligen Grauen Kasernen an der Nedlitzer Straße für den „Campus am Jungfernsee“ wird erst im Frühjahr 2004 begonnen. Die Verzögerung haben Altlasten aus der Nutzung der Sowjetarmee verursacht. Das sagte gestern Objektbetreuer Erwin Wenzel von der PHF Projektmanagement- und Baubetreuungsgesellschaft Teltow den PNN auf Anfrage. Derzeit sei man dabei, das Gelände munitionsfrei zu messen. Zwischen dem Eigentümer des Areals, SAP-Mitbegründer Hasso Plattner, und dem Entwicklungsträger Bornstedter Feld laufen die Verhandlungen für den Erschließungsvertrag. „Sie können sich nicht vorstellen, was hier alles zu Tage tritt“, so Wenzel. Der Abriss der Kasernengebäude sei lange beendet und man habe schon seit Wochen damit zu tun, die Verunreinigungen – Hinterlassenschaften der ehemaligen Sowjetarmee – zu erfassen und zu beseitigen. So verzögere sich der Start der gefahrlosen Nutzung. „Tausende Tonnen Bauschutt, der überall hin verkippt wurde, Kohlengrus, Schrott, Fahrzeugteile – alles, was von den Militärs nicht mehr gebraucht wurde, finden wir auf dem ganzen Gelände verteilt“, so Wenzel. Dabei halte sich der Anteil scharfer Munition in Grenzen. Die so genannte Munitionsfreimessung beanspruche noch Wochen: „Jeder Hartbranntziegel im Boden wird angezeigt und muss dann freigelegt werden“, so Wenzel. Von den 25 Hektar Kasernenfläche sind allein 20 für die Bebauung vorgesehen, jeder Quadratmeter sei zu untersuchen. Wie tief man dabei gehe, das richte sich nach der geplanten Verwendung der Flächen. „Wir messen den Boden von Tiefen um die 60 Zentimeter bis hin zu zwei Meter durch – je nachdem, was darauf gebaut werden soll.“ Bei Straßen und Wegen könne man flacher forschen, für Gebäude gelten größere Anforderungen. „Und wenn später noch einmal Wald aufgeforstet werden soll, wird wieder gemessen. Auch da gibt es Grenzen: Wir können aber davon ausgehen, dass Kinder beim Spielen nicht zwei Meter tiefe Löcher buddeln.“ Die alte Kasernenmauer bleibe quasi als Bauzaun zunächst weiter stehen. Bis zum Winter wolle man mit Abriss und Baufeldfreimachung fertig sein. Derzeit liefen die Verhandlungen für den Erschließungsvertrag des Vorhabens zwischen Hasso Plattner, SAP-Mitbegründer und seit Sommer 2002 Eigentümer des 39-Hektar-Grundstücks mit den ehemaligen Grauen Kasernen, und dem Entwicklungsträger Bornstedter Feld, der auch die Entwicklung und Vermarktung dieser ehemaligen Militärliegenschaft übernommen hatte. Danach könne man im Frühjahr 2004 mit dem Straßen- und Wegebau beginnen, Wasser und Abwasser legen, die Stromversorgung und Telefonanschlüsse in Angriff nehmen. Die Straßenbahnschleife am ehemaligen Haupttor der Kaserne – auf halber Distanz zwischen Viereckremise und Nedlitzer Südbrücke – stehe ebenfalls nach wie vor auf dem Plan, so Wenzel. Auf einen genauen Baustart-Termin wollte er sich nicht festlegen. Der 1944 in Berlin geborene Hasso Plattner, der in Potsdam bereits aus seinem Privatvermögen im Jahr 1998 das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik gegründet hatte, will am Jungfernsee einen Wohn- und Gewerbestandort mit Hightech-Charakter errichten. Die Gesamtinvestition beträgt 250 Millionen Euro. Nach den bereits im Herbst 2001 vorgelegten Plänen sollen dort 3000 bis 4000 Arbeitsplätze entstehen sowie 300 bis 400 Wohnungen. Dabei war der Komplettabriss schnell Programm: Nichts soll mehr auf die militärische Vergangenheit hindeuten. Man hatte zwar die Verwendung von einzelnen Gebäuden geprüft – jedoch hatte sich herausgestellt, dass der Zuschnitt der Häuser und vor allem der Räume bei weitem nicht mehr heutigen Anforderungen entspreche. Wie Plattners persönlicher Berater Berthold Wipfler versichert hatte, habe man sich mit dieser Entscheidung schwer getan und um den Erhalt manch alter Gebäude „förmlich gerungen“. Der Komplex soll auf den Jungfernsee mit seinem Steilufer ausgerichtet werden. Im Süden des Gebietes sind bis zu viergeschossige Bauten für Firmen aus der Technologiebranche geplant. Das Modell dafür sind die SAP-Laboratorien in Palo Alto (USA). Wohnungen wird es im Norden des Campus geben: Eine bogenförmige Sammelstraße soll die zwei- bis dreigeschossigen Häuser mit Stichstraßen verbinden. Die maximale Höhe der Gebäude soll 16 Meter über dem Wasserspiegel nicht überschreiten, damit die Baumwipfel am Steilufer des Sees weiterhin die Silhouette prägen. Zu Kasernenzeiten war die Fläche des Grundstücks bis zu 41 Prozent versiegelt – das soll nach Fertigstellung weniger sein: Trotz einer neuen zweiten Zufahrt im Norden des Areals wird man dann bei 35 Prozent landen. Am Fuße des Steilufers entsteht ein „typisch märkischer Hafen mit Holzstegen, wo jeder anlegen kann“. Das versicherte Berthold Wipfler sowie die freie Zugänglichkeit des ganzen Geländes samt Uferweg für die Öffentlichkeit. Die gleitende Fertigstellung war ursprünglich bis zum Jahr 2011 vorgesehen.

Detlef Gottschling

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