Aus dem GERICHTSSAAL: Verzweifelt und volltrunken Entziehung verlangt
Potsdamer beging zahlreiche Straftaten im Rauschzustand / Drei Jahre Bewährung und Therapie
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So wie bisher kann es nicht weitergehen, dachte sich Daniel D.* (24). Am 3. November vorigen Jahres tauchte er zu nachtschlafender Zeit volltrunken im Bergmann-Klinikum auf, verlangte kategorisch eine Entziehung. Als der Alkoholkranke abgewiesen wurde, zertrümmerte er die Scheibe eines Getränkeautomaten, legte sich danach mit der Polizei an.
Vor dem Schöffengericht kann sich der Potsdamer daran ebenso wenig erinnern wie an den Angriff auf einen Jugendlichen am Hauptbahnhof, das gewaltsame Eindringen in die Wohnung seiner Ex-Freundin oder an das Würgen eines Nachbarn, der dem Mädchen zu Hilfe kam. Vage Bilder hat Daniel D. noch an den Vorfall vom 5. Juni 2006 Am Schlaatz im Kopf. Da betrug sein Alkoholpegel „nur“ 2,5 Promille. Bei den anderen Taten, so Verteidiger Steffen Kalauch, hatte der Arbeitslose zwischen 3,10 und 3,83 Promille intus. Daniel D. erhält wegen Vollrausches in drei Fällen sowie Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
„Ich saß im Bahnhof auf einer Bank. Plötzlich riss mir der Angeklagte die Kapuze vom Kopf“, erinnert sich Paul P.* (20). „Ich fragte, was das soll. Da verpasste er mir Schläge auf den Hinterkopf und trat mich gegen das Auge.“ Mehrere Stunden, so der Praktikant, habe er unter Sehstörungen gelitten. Seine Brille sei zu Bruch gegangen.
„Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Die Kosten für deine neue Brille werde ich übernehmen“, versichert der wegen zahlreicher Diebstähle Vorbestrafte. „Ich habe Daniel in den Arm gebissen. Aber nur, weil er mich nicht weglassen wollte. Da hat er mir mehrere Ohrfeigen gegeben“, erzählt Anna A.* (21). „Ich war total geschockt.“
Noch gewalttätiger als bei diesem Angriff am Schlaatz habe sich ihr früherer Freund zwei Monate später gebärdet. „Er trat meine Wohnungstür in der Großen Weinmeisterstraße ein und entriss mir das Handy, mit dem ich die Polizei rufen wollte. Dann ging er auf meinen Nachbarn los, zu dem ich mich geflüchtet hatte.“ Daniel D., so die Schilderung während der Verhandlung, packte ihn am Hals, drückte so zu, dass der Mann drei Tage krankgeschrieben wurde. Dann musste auch seine Tür dran glauben. „Der Angeklagte war in dieser Nacht eindeutig voll bis zum Anschlag“, schätzt der als Zeuge Gehörte ein. Die Polizei stellte später fest, dass er auch unter Drogen stand.
Daniel D. ist fest entschlossen, sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen. Alleine schafft er das nicht. Er hat auch am Vortag der Verhandlung getrunken. Eine Bewährungsauflage ist deshalb, binnen sechs Monaten eine Alkoholentwöhnungstherapie zu beginnen, diese erfolgreich abschließen. Außerdem hat er insgesamt 1000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld an zwei seiner Opfer zu zahlen. (*Namen geändert.) Hoga
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