Sport: VfL-Chef: Wirtschaftlich, dann sportlich Nobert Ahrend stellt alle Kosten auf den Prüfstand
Handball hat Norbert Ahrend auch mal gespielt, zwei Jahre lang in der Schule. Aber damit hat es nichts zu tun, dass der 47-jährige Wahl-Potsdamer sich am vergangenen Montag zum Präsidenten des Handballvereins 1.
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Handball hat Norbert Ahrend auch mal gespielt, zwei Jahre lang in der Schule. Aber damit hat es nichts zu tun, dass der 47-jährige Wahl-Potsdamer sich am vergangenen Montag zum Präsidenten des Handballvereins 1. VfL Potsdam wählen ließ. Er interessiere sich für jede Art von Ballsport, sagt Ahrend über sich. Und seit der gebürtige Wernigeröder in Potsdam lebt, seit etwa fünfeinhalb Jahren, hat er den VfL für sich entdeckt. Als Zuschauer, auch als Sponsor.
Dabei ist es nicht geblieben. Seit Montagabend führt er mit fünf weiteren Vorstandsmitgliedern den Drittligisten, der sich gerade durch ein Insolvenzverfahren saniert hat. Von knapp 550 000 Euro Forderungen blieben, nach Abzug der Verfahrenskosten für den Insolvenzverwalter, noch 5000 Euro für die Gläubiger übrig; gegen Norbert Ahrends Vorgänger, den nach 18 Jahren freiwillig abtretenden SPD-Landtagsabgeordneten Holger Rupprecht, ermittelt wie berichtet die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen. Nach Abschluss der Verfahrens bemüht sich der VfL um eine andere Wahrnehmung in der Stadt – auch durch einen neuen Vorstand.
Irgendwann, erzählt Norbert Ahrend, sei er „durch Anwesenheit in den Fokus gerückt“. Warum er sich hat wählen lassen? „Am Ende ist es die Begeisterung für den Verein.“ Er sieht eine Vielfalt, die es bei den meisten anderen Liga-Konkurrenten nicht gibt. „Hier ist eine Basis vorhanden, die mehr ist als die erste Mannschaft. Von den Küken (den jüngsten Handballern – d. Red.) bis zur A-Jugend gibt es hier ein Potenzial, das wir nicht allerorten haben.“
Aber Ahrend war nicht nur einfach in der Halle bei den Spielen wie mehrere Hundert Zuschauer auch. Er kann und will eine Expertise einbringen, die sich in den Jahren der zweiten Bundesliga beim VfL offenbar zu selten durchsetzen konnte: kaufmännisches Handeln. Beruflich ist er Geschäftsführer des Berliner Unternehmens AIOS, das Wirtschaftsprüfung und (Steuer-)Beratung anbietet. Bei dem einen oder anderen Spieler habe er in der Vergangenheit auch mal im Gespräch bemerkt, dass der wohl etwas koste – und von den ehemaligen Verantwortlichen zur Antwort bekommen: Ja, er koste etwas. Aber „das kriegen wir schon hin“.
Die wirtschaftliche Schieflage sei von außen nicht erkennbar gewesen, blickt der neue Präsident zurück und sagt: „So eine Schieflage darf es nie wieder geben.“ Seine wirtschaftlich geprägte Sicht auf den Verein führt zu der Folgerung, dass „jede Kostenposition aktuell auf dem Prüfstand“ steht. Die vergangene Saison, als der VfL unter Insolvenzverwaltung auf Platz sieben einkam, hat laut Ahrend eine „schwarze Null“ erbracht.
„Wir wollen wirtschaftlich solide dastehen“ – diese Maxime schließe nicht aus, auch in Zukunft wieder höherklassig zu spielen. Die sportliche Ausgangsbasis sei sehr gut, der Nachwuchs rückt nach, das sportliche Konzept des langjährigen VfL-Spielers Alexander Haase – der ebenfalls in den Vorstand gewählt wurde – greift. Eine Zweitliga-Saison ausschließlich mit eigenen Nachwuchs-Spielern anzugehen hält er nicht für möglich, weil sie körperlich meist noch nicht so weit entwickelt sind. „Wenn wir in die zweite Liga wollen, ist der eine oder andere Zukauf nicht vermeidbar“, sagt Ahrend. Derzeit aber, das stellt er klar, würde das (nicht bezifferte) Budget nicht für die zweite Bundesliga reichen. Ingmar Höfgen
Ingmar Höfgen
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