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Serie: „Viel besser als jetzt geht es kaum noch“

Mit Trainer Volker Knedel stiegen die Volleyballerinnen des SC Potsdam in die zweite und die erste Liga auf. Vor den Play-offs spricht er über seine ersten Einheiten im Jahr 2004, die Gründe für den nachhaltigen Erfolg und seine Erwartungen in der Zukunft Eigentlich wollte Laura Lindemann Top-Schwimmerin werden. Jetzt ist sie eine der besten deutschen Nachwuchs-Triathletinnen

Stand:

Herr Knedel, am Samstag tritt der SC Potsdam zum ersten Play-off-Spiel in Vilsbiburg an. Sie waren vor zehn Jahren und danach viele Jahre lang Trainer der Volleyball-Frauen. Woran denken Sie bei den letzten zehn Jahren Frauen-Volleyball in Potsdam?

Volker Knedel

(50) war viele Jahre Volleyballspieler beim USV und trainierte von 2004 bis 2011 die Volleyballerinnen des SC Potsdam. Er ist Lehrer für Mathemathik und Erdkunde.

An viel, viel Spaß, Freude und Erfolg.

In der Saison 2003/04 war der SC Potsdam hinter der WSG Waldstadt kurzzeitig mal die Nummer zwei im Frauen-Volleyball in Potsdam. Nun spielt der SC in der Bundesliga und die WSG hat nicht einmal mehr eine Frauenmannschaft. Warum haben sich die Wege so unterschiedlich entwickelt?

Die Vorgeschichte der WSG kenn ich leider fast gar nicht. Ich weiß nur, dass beim SC schon immer super Nachwuchsarbeit gemacht wurde. Jens Hugo, der quasi der Begründer des Volleyballnachwuchses beim SC war und die Abteilung Volleyball hier richtig aufgebaut hat, und Karen Kikulski, die jetzt wieder im Nachwuchs arbeitet, haben hier in den 1990er-Jahren schon tolle Arbeit geleistet. Immerhin spielte der SC Potsdam von 1997 bis 2001 schon einmal in der 2. Bundesliga. Damals haben bekannte Spielerinnen wie Martina Stoof und Stephanie Pohl in Potsdam gespielt (Stoof wurde 2000 und 2003 DM-Dritte im Beach-Volleyball, Pohl 2003 Europameisterin im Beach-Volleyball - Anm. d. Red.). Aus unterschiedlichen Gründen musste man sich 2001 dann aus der 2. Bundesliga abmelden und von vorne beginnen. Ich denke, der Verein war damals noch nicht bereit für den Profi-Volleyball, die Vorstellungen von Trainern, Spielerinnen und Verein gingen zu weit auseinander. Daraufhin sind die guten Spielerinnen natürlich alle gegangen und es wurde mit ganz jungen Spielerinnen, die 14 und 15 Jahre alt waren, ein Neuanfang in der Regionalliga gestartet.

Sie waren in dieser Zeit noch im Männervolleyball aktiv und haben mit dem USV Potsdam sogar in der 2. Bundesliga gespielt. Wie sind Sie dann zu den Frauen des SC Potsdam gekommen?

Mit den Männern des USV Potsdam haben wir von 1998 bis 2001 auch in der 2. Bundesliga gespielt. Dort war ich erst Spieler und nach mehreren Kreuzbandrissen dann Trainer. Mein Wechsel zum SC Potsdam ist eine ganz witzige Anekdote: Ich saß gerade mit den USV-Männern beim Bier zusammen und wir haben uns über Trainertätigkeiten unterhalten. Ich sagte noch, dass ich nie im Leben Frauen trainieren würde und genau in diesem Moment klingelte mein Telefon und Peter Rieger fragte mich, ob ich als Trainer bei den SC-Frauen einspringen würde. Noch Monate später habe ich meine Zusage bereut.

Warum?

Weil es im ersten Moment überhaupt nicht funktioniert hat. Ich hatte überhaupt keinen Spaß daran und kam oftmals frustriert und schlecht gelaunt nach Hause. Irgendwann hat es dann allerdings klick gemacht und ich habe verstanden, wie die Mädels ticken. Ab da hat es einfach nur Spaß gemacht.

Der Neuanfang beim SC Potsdam ist vor etwas mehr als 10 Jahren mit Ihnen zusammen geglückt. Wer sind Ihrer Meinung nach die Menschen, die diese positive Entwicklung bis heute ermöglicht haben?

Jens Hugo natürlich als Begründer der Erfolgsgeschichte, ich als verantwortlicher Trainer, und dann gibt es einige Spielerinnen, die damals als 14-Jährige den Neuanfang gestartet haben und teilweise bis zum Aufstieg in die 1. Bundesliga dabei waren. Das ist allen voran Susanne Langer, etwas später kam Annika Zülow dazu, und Sandra Landvoigt, die in der ersten Zweitligazeit schon in Potsdam gespielt hat, kam auch wieder dazu. Aber auch Peter und Toni Rieger haben sich seit Beginn für den Volleyball beim SC Potsdam eingesetzt.

Warum haben Sie als Trainer nach dem Aufstieg in die erste Liga aufgehört?

In der Bundesliga musste ein hauptamtlicher Trainer her, das hätte ich neben meiner Lehrertätigkeit nicht geschafft. So kam zur ersten Erstligasaison 2009 Michael Merten als Cheftrainer, ich blieb Co-Trainer. In der zweiten Spielzeit hatte der Verein Angst, dass der Klassenerhalt nicht geschafft werden würde, und nach vielen Diskussionen hat man sich entschieden, Michael Merten zu beurlauben. Den Rest der Saison bin ich dann noch mal als Cheftrainer eingesprungen und wir haben den Klassenerhalt geschafft. Dann wurde Alberto Salomoni geholt.

Was empfinden Sie, wenn Sie sich derzeit ein Spiel des SC Potsdam sehen?

Ich bewundere den Verein, wie er sich im Laufe der Zeit voll hinter den Volleyball gestellt hat. Die Verantwortlichen haben erkannt hat, dass die Volleyball-Abteilung mit ihrer ersten Frauenmannschaft das Aushängeschild des Vereins werden kann und haben sie professionell aufgebaut. Damals musste jede Abteilung um sein Ansehen im Verein kämpfen und jedes Mal, wenn es um einen Schritt nach oben ging, war es schwierig. Aber seit einigen Jahren steht der komplette Verein voll dahinter und man sieht, dass es sich lohnt und man erfolgreich ist.

Sind Sie ein wenig wehmütig, dass Sie nun nicht mehr dabei sind?

Eigentlich nicht. Ich weiß, dass ich es gesundheitlich nicht mehr schaffen würde. Der Körper hat bei mir einfach irgendwann stopp gesagt. Zwei Zusammenbrüche und zwei Hörstürze waren genug Zeichen.

Sie haben schließlich nicht nur die SC-Frauen trainiert, sondern lange dazu auch noch die USV-Männer.

Richtig, und Lehrer war ich auch noch. Früher wollte man aber auch nicht hören, dass man zu viel macht. Ich fühlte mich fit.

2009 ist der SC Potsdam in die 1. Bundesliga aufgestiegen. Welche Parallelen und Unterschiede bestehen zwischen den erfolgreichen Teams von damals und heute?

Im Prinzip ist es immer das Gleiche. Man spielt in einer Liga, hat gute Spielerinnen und einen ehrgeizigen Trainer. Was macht man? Man holt noch eine gute Spielerin dazu. Früher haben wir diese aus der Region geholt oder aus dem Nachbarverein. Die Mannschaft wird dadurch besser und steigt auf. Und genauso ist es in der Bundesliga auch. So wird man stärker, wird Magnet für gute Spielerinnen und verbessert sich immer weiter. Die Mannschaft wurde von Jahr zu Jahr punktuell verstärkt. Das fing in der Regionalligazeit an und zieht sich bis heute durch. Nur dass jetzt eben die Verstärkung aus dem Ausland kommt.

Die aktuelle SC-Mannschaft besteht aus neun ausländischen Spielerinnen. In der Bundesliga sind insgesamt sehr viele Spielerinnen aus dem Ausland aktiv. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Der deutsche Markt ist mit Talenten sehr, sehr schwach ausgestattet. Das ist ein schlechtes Zeichen für den Volleyball in Deutschland. Es zeigt eindeutig, dass es zu wenig deutsche Spielerinnen gibt die mithalten können. Das ist ein Problem, das man in Deutschland angehen muss. Das Niveau der Bundesliga ist sehr, sehr schnell durch die vielen ausländischen Spielerinnen nach oben geschossen. Die Vereine haben daraufhin zwar ihre eigenen Leistungszentren installiert, aber die Lücke zu schließen geht nicht so schnell.

Sophie Dreblow ist die erste Spielerin, die aus dem eigenen Nachwuchs in dieser Saison zur Bundesligamannschaft gestoßen ist. Kann der SC Potsdam künftig vermehrt auf die eigenen Nachwuchstalente setzen?

In der Basis sind wir schon sehr gut aufgestellt, aber die Toptalente werden uns oftmals noch von Berlin und Dresden weggeschnappt. Die Nachwuchsarbeit ist hier sensationell, wir haben tolle Trainer, die Sportschule und sind auf dem richtigen Weg. Jetzt müssen wir es nur noch schaffen, alle ein, zwei Jahre ein Talent auch ins eigene Bundesligateam zu kriegen. Es müsste allerdings mit dem Teufel zugehen, wenn wir das bei den jetzigen guten Voraussetzungen nicht schaffen würden. Um noch besser sichten zu können, ist Hauptamtlichkeit in der Nachwuchsabteilung allerdings unabdingbar.   

 

Sie haben vor einem Monat dem Volleyball komplett Adé gesagt. Was war Ihr tollstes Erlebnis mit dem SC Potsdam?

Ich hatte super Jahre beim SC und habe viele tolle Erfahrungen gesammelt. Einer der schönsten Augenblicke war aber auf jeden Fall der Aufstieg in die 2. Bundesliga 2005. Das war ein ganz toller Moment, weil wir das fast komplett mit eigener Kraft, mit unseren eigenen Mädels geschafft haben. Mit einer Mannschaft, die definitiv von der Besetzung her nicht die beste der Regionalliga war.

War der Enthusiasmus für Volleyball in Potsdam schon immer so groß wie zuletzt?

Potsdam hat leider ein Überangebot an Sport in der Stadt. Die Zuschauer sind verwöhnt. Sie können es sich aussuchen, wo sie hingehen. Auch der Volleyball hat seine Stammzuschauer, aber auch viele Erfolgszuschauer, die, wenn es nicht so läuft, auch nicht mehr kommen. Beim ersten Mal ist es noch was Tolles, im Viertelfinale zu spielen, aber beim nächsten Mal kommen sie eben erst, wenn das Team im Halbfinale ist. Insgesamt hat die Stadt den Volleyball sehr gut angenommen - damals in der Heinrich-Mann-Allee-Sporthalle waren rund 400 Zuschauer bei einem Spiel, jetzt sind es 800 bis 900. Das ist schon toll. Aber genau das wird in Zukunft auch eine große Aufgabe sein: das Publikum bei der Stange zu halten.

Hat der Umzug in die MBS-Arena dem Volleyball beim SC Potsdam einen zusätzlichen Schub gegeben?

Die Arena hat natürlich dazu beigetragen, dass man sich als Verein besser präsentieren kannund die Leute besser ansprechen kann. Das war ein wichtiger Schritt. Die Sporthalle an der Heinrich-Mann-Allee war zwar die Geburtsstätte, und wir sind auch nach den vielen Jahren, die wir dort trainiert und gespielt haben, mit Herzschmerz weggegangen, aber ohne eine Halle wie am Luftschiffhafen kann man heutzutage kein Profi-Volleyball mehr betreiben.

Wo kann es in Zukunft noch mit dem SC Potsdam hingehen?

Tja, das ist die Schwierigkeit, denn viel besser als jetzt geht es kaum noch. Das Ziel kann jetzt nur sein, sich stabil unter den ersten fünf Mannschaften zu etablieren und alles auf solide Füße zu stellen. Dann kann man vielleicht auch mal um den Titel mitspielen. Außerdem muss für jeden Verein das Ziel sein, mal ins Pokalfinale zu kommen. Das ist schließlich das Volleyball-Highlight in Deutschland. Da sind zehn- bis zwölftausend Zuschauer in der Halle. Insgesamt wird es allerdings extrem schwer werden, das Niveau,dwas sie jetzt erreicht haben, in den nächsten Jahre zu stabilisieren.

Die Fragen stellte Luisa Müller

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