Landeshauptstadt: Viel mehr als nur ein Einkaufsladen
Karl Hildebrandt arbeitet als Ehrenamtlicher im Weltladen
Stand:
Karl Hildebrandt arbeitet als Ehrenamtlicher im Weltladen LEUTE IN POTSDAM Inmitten von afrikanischem Spielzeug, lateinamerikanischem Kaffee und asiatischem Tee verbringt Karl Hildebrandt seine Freizeit. Hier fühlt er sich wohl. Unheimlich interessant sei es, wem man dort so alles begegnete, schildert der junge Mann. Leute, mit denen man sonst nie in Kontakt treten würde. Karl Hildebrandt arbeitet im Weltladen am Bassinplatz und verkauft dort Produkte des fairen Handels, „um Produzenten aus Entwicklungsländern einen angemessenen Preis für ihre Ware zu bieten“. Der gebürtige Dresdner hegte schon als kleiner Junge den Wunsch, einmal in Potsdam zu leben und zu arbeiten. Nach der Wende verließ er als Schüler seine Heimatstadt und wohnte zunächst einige Jahre bei Bonn, in Dortmund und Freiburg. 1995 verwirklichte er seinen Traum und begann sein Studium der Geschichte, Soziologie und Psychologie an der Universität Potsdam. Als er vor drei Jahren sein Studium abschloss, trat er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum für Europäische Aufklärung an, wo er schon als Student gejobbt hatte. Als Historiker forscht er dort über Entwicklung und Ökonomieverständnis im 18. Jahrhundert. Ebenfalls während seines Studiums begann er, ehrenamtlich im Aktionsladen Eine Welt zu arbeiten. Hildebrandt war selbst Kunde dort, als ihm vor einigen Jahren auffiel, dass das Geschäft wegen Personalmangels immer häufiger geschlossen blieb. „Da entschloss ich mich mit einigen Freunden, selbst Engagement zu zeigen.“ Seitdem habe sich ihm eine ganz neue Welt geöffnet, denn er habe nicht nur viel Interessantes über Entwicklungspolitik gelernt, sondern auch Kontakte geknüpft. Das Geschäft sei „viel mehr als ein Einkaufsladen“, schildert Hildebrandt, denn „man nimmt sich Zeit zum Unterhalten und Austauschen, man steigt immer tiefer in die Projekte ein“. So hat auch Hildebrandt zusammen mit einem weiteren Kollegen ein neues Projekt gestartet. Seit Anfang des Jahres bieten sie ein Bildungsprogramm für Potsdamer Schulen an, in welchem Schüler über Grundsätze des fairen Handels und Themen aus der Entwicklungspolitik aufgeklärt werden sollen. Die Nachfrage einiger Schulen sei inzwischen so stark, dass die Realisierung auf ehrenamtlicher Basis kaum noch möglich sei. Dass er der ehrenamtlichen Arbeit einen großen Teil seiner Freizeit opfert, ist für Hildebrandt ganz selbstverständlich. Unter den Kollegen habe sich während der Jahre bereits eine Art Familiensinn aufgebaut, schildert der Alleinstehende. Auch außerhalb des Ladens würden sie Zeit miteinander verbringen und das gemeinsame Interesse teilen, alternative Wege zur aktuellen Entwicklungspolitik zu finden. „Alleine tue ich mit meiner Arbeit nur einen kleinen Schritt, doch durch viele kleine Schritte kann man gemeinsam etwas ändern“, beschreibt Hildebrandt den Idealismus, der seine Arbeit prägt. Anja Gaentzsch
Anja Gaentzsch
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: