Sport: „Vielleicht wird es künftig nur noch Amateursport geben“
Auch in Potsdam wird über das Thema Doping diskutiert – die größten Sportvereine der Stadt haben vertraglich vorgesorgt und vertrauen ihren Athleten
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Die Erschütterungen reichen bis Potsdam. Spätestens seit den gestrigen Doping-Geständnissen der Rad-Idole Erik Zabel und Rolf Aldag diskutiert Deutschland über das Problem Doping im Hochleistungssport. „Zabels Geständnis hat mich am meisten getroffen“, gesteht Maik Saewert, einst selbst Radrennfahrer und jetzt Teamchef des Potsdamer Profiteams notebooksbilliger.de, das ab heute bei der „Tour de Berlin“ mitfährt. „Aber ich bin froh, dass endlich alles raus kommt, weil ich selbst zu der Art von Sport stehe, die sauber ist, und mir selbst als kleiner Rennfahrer nichts vorwerfen lassen musste.“ Das sei auch das Credo seines jetzigen Teams. „Wir haben zum Glück einen Sponsor, der sich von Anfang an die Förderung des Nachwuchses und Teamgeistes – also der eigentlichen Werte des Sports – auf die Fahnen geschrieben hat“, so Saewert. „Wir sind für Höchstleistungen unter sauberen Bedingungen und haben das mit unseren Fahrern – die der Kontrolle durch die Nationale Dopingagentur unterstehen – vertraglich geregelt.“
Gleiches erklärt Jürgen Höfner, Geschäftsführer des OSC Potsdam, der gemeinsam mit dem notebooksbilliger.de- Team eine U23-Equipe in die Radrennen schickt. „Sollte ein Sportler außergewöhnliche Leistungssteigerungen aufweisen, wird das vom Verein sofort hinterfragt. Die Jungs haben sich verpflichtet, das überprüfen zu lassen“, sagt Höfner, zu dessen 1960 Club-Mitgliedern unter anderem auch Kanuten, Triathleten und Schwimmer gehören. Die Frage, ob er dafür garantieren könne, dass alle OSC-Sportler sauber seien, konterte er mit der Bemerkung: „Wer das kann, läuft irgendwie auf einer Wolke.“ Gleichwohl tue der Verein alles in seinen Kräften Stehende dafür. „Wir machen unsere Förderung der Athleten vom Einhalten der Regelwerke des Sports – und damit auch der Anti-Doping-Bestimmungen – abhängig“, so Höfner, und: „Wir haben vor allem auch Vertrauen zu unseren Sportlern.“ Für den OSC-Geschäftsführer ist Doping „nicht nur ein Problem des Sports, sondern ein gesellschaftliches Problem“. Höfner: „Kein anderer Bereich wird aber so intensiv überprüft wie der Sport. Niemand fragt beispielsweise nach, wie viele Tassen Kaffee ein Manager am Tag trinkt – im Sport steht Koffein auf der Dopingliste.“
Peter Rieger, Geschäftsführer des SC Potsdam, mit über 2400 Mitgliedern größten Sportvereins des Landes, sieht Doping ebenfalls nicht nur als eine Radsport-Angelegenheit. Vor Doping sei keine Sportart gefeit, beispielsweise auch nicht die Leichtathletik. „Ich kann mir, wenn ich mir manche Weltrekorde anschaue, nicht vorstellen, dass hier alles immer sauber gelaufen ist“, sagt der einstige Weitspringer. Das habe auch ganz andere negative Auswirkungen. „Viele junge Leute wollen keinen Leistungssport mehr machen, weil sie sagen: Die dopen doch alle.“ Rieger erwartet eine Generaldebatte über Doping in Deutschland. „Vielleicht wird es künftig nur noch Amateursport geben, denn wer engagiert sich schon noch als Sponsor, wenn Doping nicht auszuschließen ist“, so der Geschäftsführer des SCP. Er glaube nicht daran, dass die Doping-Kontrolle – in Deutschland so effizient wie sonst kaum noch auf der Welt – hundertprozentig gelingen kann. „In Bereichen, wo es um viel Geld geht, wird es immer die Versuchung geben, dieses Geld auch zu bekommen.“ Jeder Sportler müsse selbst entscheiden, ob er sauber bleibe oder dope. „Und wo die Existenz auf dem Spiel steht, entscheidet sich mancher leider falsch.“
Der Olympiastützpunkt Potsdam, der knapp 130 Kadersportler betreut, hat nach den Worten seines Leiters Andreas Hoeppner alle Partner – zum Beispiel Ärzte und Berater – verpflichtet, die Bestimmungen des Deutschen Olympischen Sportbundes einzuhalten. Hoeppner: „Sonst trennen wir uns sofort von ihnen.“ In Gesprächen würden die Athleten stets zum Fair Play aufgefordert, „und unsere Ernährungsberaterin rät generell davon ab, Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen.“
Arnd von Wedemeyer, Geschäftsführer des Sponsors notebooksbilliger. de, sieht „sein“ junges Team „schon aus finanziellen Gründen“ nicht doping- gefährdet. „Ich kann mir das nicht vorstellen. Wir bleiben weiter Sponsor“, sagte er gestern. „notebooksbilliger.de“-Sprecherin Sonja Rajsp aus der Teamleitung ergänzte: „Wir haben unseren Fahrern schon am Mittwochabend per e-Mail mitgeteilt, dass wir als Sponsor natürlich an Höchstleistungen interessiert sind – aber an sportlichen und nicht an medizinischen.“
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