Landeshauptstadt: Vier Brücken am Amsterdamer Palazzo
Rudy Uytenhaak faszinierte das Flusstal der Havel: Pläne für ein bürgerliches Wohnviertel
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Jeder europäische Architekt, der sich in den vergangenen fünfzehn Jahren mit der Stadt Potsdam beschäftigt hat, brachte die Ideen aus seiner angestammten Heimat mit ein. So wollte der Amsterdamer Architekt Rudy Uytenhaak an der Neuen Fahrt ein Wohnviertel nach dem Muster des Amsterdamer Wohnpalazzo bauen, eine kammartige Bebauung zum Wasser hin. Ihn faszinierte das Flusstal der Havel nicht nur ästhetisch sondern auch als potenzielles Bauland für ein neues bürgerliches Wohnviertel. Seine Vision: „Die Altstadt, die so genannte Wasserstadt, ist nun mit einem grünen öffentlichen Parkufer gestaltet. Wir schlagen vor, an der Südseite einen baumbestandenen steinernen Kai anzulegen, mit einer Wohnstadt am Kanal (der Neuen Fahrt – G.S.), der wiederum ein Park, orientiert auf die Nuthe, folgt. Für diese Stadtlage haben wir den Typus des Wohnpalazzo aufgegriffen, den wir bereits in einem unserer Amsterdamer Projekte erprobt haben.“
Um diesen Plan zu verwirklichen, musste die Verkehrsführung mit der großen „Autobahntrasse“ über die Lange Brücke verändert werden. Der Amsterdamer Architekturprofessor erdachte vier schmale transparente Brücken, welche die Ufer auf neue Art miteinander verbinden sollten.
Um das Vier-Brücken-Konzept zu verwirklichen, musste sich die Planungsgruppe um Uytenhaak mit dem Bahnhof auseinander setzen. Und manches, was 1991 vorgeschlagen wurde, ist später durch das Büro Meinhard von Gerkan, Marg und Partner, die auch den Berliner Hauptbahnhof entworfen haben, verwirklicht worden. So wollten die Amsterdamer Architekten das Dach des Bahnhofs acht Meter oberhalb des Wassers anheben. „In Anlehnung an eine Piazzale Michelangelos sollte außerdem ein terrassenartiger Platz entstehen, eventuell angereichert mit einem unterirdischen Parkplatz.“
Für Fußgänger sollte es drei Niveaus geben: das Terrassenniveau, das Bahnsteigniveau in der Zwischenebene und einen Bahnhofsplatz an der Flussseite mit einem Übergang zu einem am Kai gelegenen Kaufhaus. Letzteres sollte über eine Brücke Zugang zum oberen Terrassenplatz erhalten.
Von „dort oben“, also von der Bahnhofsterrasse führt eine Fußgängerbrücke zum Alten Markt. Außerdem sollte es an der acht Meter hohen Platzwand den Brückenkopf für eine filigrane Straßenbahnbrücke geben, die auf die Kai-Pergola aufsetzt und dann weiter bis zu einer neuen Haltestelle unter ein neues Vordach führen sollte.
Ferner war vorgesehen, einen „nördlichen Rundweg“, der mit der Friedrich-Engels-Straße verbunden sein sollte, einzurichten. Die neue Lange Brücke, auf die Uytenhaak natürlich nicht verzichten konnte, sollte zwölf Meter breit sein. Das Neue an dem Entwurf war die separate Trambrücke und ein fußläufiger Brückenschlag über die beiden Flussarme und die Freundschaftsinsel. Im Endergebnis wäre eine weniger massive Lange Brücke notwendig geworden, das Vorhandene hätte ein verträglicheres Maß gehabt. Und auch der Bahnhof hätte, soweit das aus den Entwürfen zu erkennen ist, eine geringere Dimension erhalten, zumal ja das „Kaufhaus“ außerhalb geplant war.
Wie ist die Situation heute? Die Wohnstadt zwischen dem Potsdamer Hauptbahnhof und der Neuen Fahrt wartet noch immer auf ihre Verwirklichung. Bebauungspläne gibt es aber bereits. Allerdings ist ein großer Teil der Fläche inzwischen für eine Bebauung tabu und soll Parklandschaft bleiben. Die von Uytenhaak vorgesehene separate Tram-Trasse rückt dagegen mehr und mehr in das Stadium der Realisierung. Und wenn das geschafft ist, kommt voraussichtlich ab 2010 der Neubau der Langen Brücke dran.
Einzig die Fußgängerverbindung vom Bahnhof hinüber zum Alten Markt dürfte für immer in den Schubladen verschwunden sein.
Wer einen bisher nicht verwirklichten Architektur-Entwurf für die PNN-Serie „Luftschlösser“ vorschlagen möchte, meldet sich unter Tel.: (0331) 2376 134, Fax: (0331) 23 76 300 oder per E-mail an lokales.pnn@pnn.de.
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