Landeshauptstadt: Villa Hagen steht für Volksbewusstsein
Abrisserlaubnis für Villa Louis Hagen9.7.
Stand:
Abrisserlaubnis für Villa Louis Hagen
9.7. 2009
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Menschen sich ein schönes Fleckchen Erde zu eigen machen, um sich darauf ihre Wohnidylle zu erschaffen. Schwierig wird es für mich in dem Moment, wenn dafür ein Stück Vergangenheit unwiederbringbar verloren geht. Die Villa Hagen steht für eine visionäre, erneuernde Lebensweise, einem Stück Geschichte und damit einem Teil des Bewusstseins dieses Volkes. Sie kann zwar keinen Alleinigkeitsanspruch erheben, ist aber doch einzigartig. Vermutliche Gewissensbisse des neuen Eigentümers scheint er mit dem nicht sofortigen Abräumen dieses Erbes beruhigen zu wollen. Da der Abriss „nicht gleich morgen“ erfolgt, haben zumindest noch einige die Möglichkeit ein Original zu erleben. Alle anderen müssen sich aus hoffentlich hinlänglichen Dokumentationen ein Bild machen. Diese Praktiken sind aus dem Abriss von Denkmälern aus der Nachkriegszeit bekannt und waren damals nachweislich ideologisch bestimmt. Warum wird heute auf der einen Seite versucht, eine verschwundene Stadtkulisse im Neubau zu imitieren, wenn auf der anderen Seite die wahren Originale zerstört werden? Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig und könnten im äußersten Fall als „rückwärtsgewandt“ bezeichnet werden. Scheinbar soll oder darf oder kann (je nach Betrachtungsweise) ein Selbstbewusstsein, welches durch beeindruckende Bauten dargestellt wird, nicht aus einer jüngeren Vergangenheit hervortreten. So ist die Erinnerung an eine fortschrittliche Vergangenheit wohl nicht bedeutend genug, um sie zu erhalten. Die Begründungen des Eigentümers, die den Abriss beschwichtigen sollen, sehe ich als lächerlich an, wenn er mit einer „gefühlten Sanierung“ zitiert wird, und sich mit der Aussage in die Opferrolle begibt: „Ich bin ein verrückter Liebhaber. Ich zahle drauf.“ Welches Bauherrenkonto ist nach erfolgtem Hausbau denn gefüllter? Dass seinen Bemühungen die „Idee eines Privathauses“ zu Grunde liegt, ist zutiefst glaubwürdig im vollen Gegensatz zu: „Bei mir ist die Villa nicht in schlechten Händen.“. Was wäre denn schlechter als ein unzugänglicher Neubau an Stelle eines geschichtsträchtigen Denkmals?
Klaus Thiele auf PNN.de
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