Landeshauptstadt: ViP jagt Schwarzfahrer
Verkehrsunternehmen beginnt angekündigte Schwerpunktkontrollen nach Halt auf offener Strecke
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Es sieht aus wie ein Überfall: Die Straßenbahn 93 stoppt auf der nächtlichen Brücke über die Neue Fahrt. Eine Gruppe junger Männer, mit orangefarbenen Warnwesten bekleidet, drängt durch die vordere Tür in den Wagen und fordert die Fahrgäste auf, ihren Fahrschein zu zeigen. Für viele ist es ein Schreck in der Abendstunde, mancher versucht im letzten Augenblick, schnell einen Fahrschein am Automaten zu ziehen, andere schaffen das nicht mehr. Dutzende Schwarzfahrer gingen seit Freitagabend in das Netz der Kontrolleure. Seit dem Wochenende machen der Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) und sein seit Jahren eingesetzter Wisag-Sicherheitsdienst mit der Ankündigung Ernst, härter gegen Schwarzfahrer vorzugehen.
Vor Ort stieß das nicht nur auf Gegenliebe: Zwei Berliner Touristinnen waren am Freitagabend empört, als sie am Hauptbahnhof aussteigen mussten, um die Angaben auf dem Schein zum „erhöhten Beförderungsentgelt“ zu machen. „Was, vierzig Euro? Die bezahle ich nicht“, sagte eine der jungen Frauen. Sie sei keine notorische Schwarzfahrerin, argumentiert sie, nur habe sie keine Möglichkeit gehabt, einen Fahrschein zu lösen. Der Automat nehme keine Geldscheine an.
„Die Zunahme von Schwarzfahrten hat uns veranlasst, Schwerpunktkontrollen vorzunehmen“, begründete Uwe Fischer die Maßnahme. Der ViP-Verantwortliche sagte, dass es außerdem Ziel sei, das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste insbesondere in den Nachtstunden zu erhöhen. Die Kontrolle zwischen Hauptbahnhof und Platz der Einheit erfolge in zwei Teams, bestehend aus jeweils einem ViP-Mitarbeiter und vier Sicherheitsleuten. Die Besonderheit: Zwei mobile Polizeistreifen halten sich in Bereitschaft und sind bei Bedarf innerhalb weniger Minuten vor Ort. Bei der ersten Kontrolle dieser Art am Freitag mussten die Beamten in einem Fünftel der Fälle eingreifen, um die Identität der Schwarzfahrer festzustellen. Etwa zwanzig Prozent zahlt die 40 Euro-Strafe sofort. Ein anderer Teil kann sich ausweisen und muss binnen 14 Tagen zahlen. „Wer nicht bezahlt, erhält eine Anzeige“, sagte Fischer. Dies könne bei Wiederholung sogar zu einer Freiheitsstrafe führen.
Was die Zahl der Täter betrifft, herrschen in Potsdam bereits Berliner Verhältnisse, sagte Fischer. Manche Fahrgäste würden sich ruppig verhalten und die Kontrolleure verbal und manchmal auch körperlich angreifen. Es habe jedoch auch zahlreiche zustimmende Meinungsäußerungen zu den neuen Kontrollen gegeben. Dem ViP selbst entgehen durch Schwarzfahrer nach Schätzungen rund eine Million Euro im Jahr, fast ein Zehntel der Einnahmen.
In Zukunft würden die Kontrollen zwar nicht verstärkt, jedoch würden sie in Zusammenarbeit mit der Polizei in der neuen Schwerpunktform fortgesetzt, sagte Fischer. Im Normalfall dauere es oft eine Stunde, bis die Polizei bei Vorkommnissen vor Ort sei. Durch die neue Sicherheitspartnerschaft brauchten die Beamten nur zwei Minuten. Bis um zwei Uhr nachts waren die Schwerpunktkontrollen am Wochenende angesetzt. Nächtliche Disko-Besucher könnten sich ohne Fahrschein künftig nicht mehr sicher sein, so Fischer. Auf die Beschwerden wegen unzulänglicher Fahrkartenautomaten werde das Verkehrsunternehmen reagieren: Ab März 2011 gibt es neue Automaten, die auch Papiergeld annehmen. G. Schenke
G. Schenke
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