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Baugerüste an der Garnisonkirche: So weit, wie dieses Modell des historischen Baugeschehens zeigt, wäre der Garnisonkirchen-Förderverein gerne schon. Die Linken haben nichts dagegen, nur Steuergeld darf es nicht kosten.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Vogel in der Höhle des Löwen

Überraschend zahme Debatte zwischen Pfarrer und Linken über den Aufbau der Garnisonkirche

Stand:

Ein Streitgespräch zum Wiederaufbau der Garnisonkirche zwischen der Linken und der Geistlichkeit – das versprach Brisanz. Schließlich hatte der Linken-Kreisvize Sascha Krämer Kritik daran geübt, dass das Land dem Wiederaufbauprojekt zwei Millionen Euro aus dem DDR-Parteienvermögen als Finanzspritze zur Verfügung stellt. Krämers Kritik hatte wiederum Pfarrer Martin Vogel als Theologischem Vorstand der Stiftung Garnisonkirche in einem Leserbrief zu einer scharfen Replik veranlasst.

Zündstoff pur also. Doch als sich Vogel, zugleich persönlicher Referent von Landesbischof Markus Dröge im Haus der Linken dem Gespräch mit Rolf Kutzmutz, dem früheren PDS-Bundestagsabgeordneten, stellte, war nichts davon zu spüren. In der Höhle des Löwen wurde Vogel aufgenommen wie im Streichelzoo. Gleich Kutzmutz bekundeten der Kreisvorsitzende Günther Waschkuhn und der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg, die Potsdamer Linke wolle das Gesamtvorhaben Garnisonkirche nicht in Frage stellen. Es sollte aber wie festgelegt ausschließlich aus Spenden und nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Gerade das von Vogel wesentlich mitentwickelte Nutzungskonzept, das das Baudenkmal über eine offene Stadtkirche und eine Symbolkirche hinaus auch zum Ort der Versöhnung machen solle, habe die Abkehr von der ursprünglichen Verneinung ermöglicht. Waschkuhn bot dem Pfarrer sogar an, im Parteiblatt „Potsdams andere Seiten“ den Genossen dieses Konzept zu erläutern.

Die vorösterliche Eierei war wohl auch darauf zurückzuführen, dass die Zuweisung der zwei Millionen auf einem Kabinettsbeschluss der Landesregierung beruht. Sollte sie zurückgezogen werden, würden damit die Linken im neuen Kabinett gegenüber dem Koalitionspartner SPD in Schieflage gebracht. Dennoch überraschte die Friedfertigkeit der Diskussion, hatte Vogel in seinem Leserbrief der Potsdamer „SED-PDS-Linken“ doch vorgeworfen, sie habe „noch immer kein geklärtes Verhältnis zur evangelischen Kirche“ und solle endlich „die längst überfällige Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit gründlich“ führen. Anzeichen für eine solche Auseinandersetzung bot die Diskussionsrunde erneut nicht. Dass es die SED war, die den Kirchenabriss 1968 gegen erheblichen Widerstand aus der Bevölkerung und der internationalen Öffentlichkeit durchpeitschte, wurde mit keinem Wort erwähnt. Ungenannt blieben ebenso die Wortführer des bis in die Stadtverordnetenversammlung reichenden Widerstands. Nach der deutschen Wiedervereinigung war bis zum Ende 1990er Jahre der Wiederaufbau laut Kutzmutz stets mehrheitlich abgelehnt worden. Dies sei der geschichtlichen Rolle als Militärkirche zuzuschreiben. Dieser Charakter werde von der Stiftung Preußisches Kulturerbe unter Max Klaar wieder angestrebt. Pfarrer Vogel äußerte sich nicht zu Klaars Rolle. Dessen Stiftung hat gerade mit einer Spende von 145 000 Euro das neue Geläut für die Nikolaikirche gesichert.

Bei soviel Einigkeit verhallten aus dem spärlichen Publikum die wenigen Stimmen der treuen alten und der widerspenstigen jungen Genossen, die den Wiederaufbau der Garnisonkirche ablehnen. Obwohl von Kutzmutz zur Meinungsänderung aufgefordert, legte dann doch einer der „jungen Wilden“ dar, warum eine Kirche mit dieser Vergangenheit für ihn kein Ort der Versöhnung sein kann. Dies hätte eine Diskussion gelohnt, doch da läutete Waschkuhn die Schlussglocke.

Erhart Hohenstein

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