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Sport: Volle Fahrt in die Finanzkrise

Nur vier Formel-1-Teams stehen sechs Wochen vor Saisonstart gut da – weitere Pleiten deuten sich an

Stand:

Nächste Woche beginnen die Testfahrten für die Formel-1-Saison 2013. Das kommt für viele Teams zu früh. Denn abgesehen von Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes ist die Szene in einem finanziell desolaten Zustand. Nur nach außen ist von dieser Krise bislang noch wenig zu sehen.

Das letzte offensichtliche Zeichen für die Finanzkrise in der Formel 1 war die finanziell bedingte Trennung von Marussia und Timo Glock. Weil das Team statt des erfahrenen Deutschen einen zweiten Fahrer brauchte, der einen zweistelligen Millionenbetrag mitbringt. Der steht aber noch nicht fest – bei Caterham war das bis gestern genauso, dann endlich vermeldeten der Rennstall aus der zweiten Reihe doch noch Giedo van der Garde als zweiten Fahrer. Die Neueinsteiger von 2010, einst vom damaligen Präsidenten des Motorsportweltverbands Fia, Max Mosley, mit dem Versprechen einer Budget-Deckelung in die Formel 1 gelockt, die dann nie kam, stehen am Abgrund. Das spanische HRT-Team musste nach mehreren Besitzer-Wechseln schon Ende 2012 aufgeben.

Selbst die 50 bis 60 Millionen Dollar, die ein Team pro Saison braucht, um einfach nur ganz hinten mitzufahren, sind in der heutigen wirtschaftlichen Situation kaum noch aufzutreiben. „Und um einigermaßen konkurrenzfähig zu sein, bräuchte man mindestens das Doppelte,“ weiß Glock. Aber selbst bei den klassischen Mittelfeldteams sieht es bei einem Blick hinter die Kulissen alles andere als gut aus: Bei Lotus wartete im vergangenen Jahr selbst Starpilot Kimi Räikkönen lange auf sein zugesagtes Gehalt.

Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn gehört nicht von ungefähr zu denjenigen, die immer lauter sagen, dass irgendetwas passieren müsse, um das Überleben der kleineren Teams zu sichern. Sauber hat vor allem bei den Banken Schulden mindestens im hohen zweistelligen Millionen-Bereich. Sollten die Gläubiger nicht mehr stillhalten, wird es eng. Dazu kommt: Der Sponsorenvertrag mit der Telmex-Gruppe des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim, der dem jungen Mexikaner Esteban Gutierrez ins Cockpit für die kommende Saison verhalf, läuft Ende 2013 aus. Es gilt als ausgemacht, dass Slim dann mit seinem Geld dem schon mal vorab genau aus diesem Grund von McLaren geholten Sergio Perez zu dem englischen Top Team folgt.

Bei anderen Teams ist die Abhängigkeit von einem großen Sponsor gefährlich groß. Williams etwa hängt am Tropf der venezolanischen Öl-Millionen, die Pastor Maldonado dank Verbindung zu Präsident Hugo Chavez mitbringt: 30 Millionen Euro sollen es pro Jahr sein. Was passiert, wenn Chavez seinen Kampf gegen den Krebs verliert und sich die Machtverhältnisse in dem südamerikanischen Land ändern, steht in den Sternen. Völlig chaotisch scheint die Situation bei Force India: Dort hatte Teambesitzer Vijay Mallya im November getönt, man habe 60 Millionen Euro an neuen Investitionsgeldern in Indien gefunden. Er sagte daraufhin Bruno Senna ab und wollte wieder seinen Lieblingsfahrer Adrian Sutil holen. Dann geriet Mallya mit seinen Unternehmen in Indien jedoch in Schwierigkeiten. Jetzt hängt Sutil, der schon im Dezember einen Vertrag unterschrieb, der aber vom Team nie gegengezeichnet wurde, in der Luft. Toro Rosso – das letzte der Mittelfeldteams – funktioniert nur so lange, wie Red- Bull-Chef Dietrich Mateschitz noch Lust hat, sein Nachwuchsteam zu finanzieren. Generell wird es für alle 2014 noch schwieriger werden. Dann kommt die neue Motorenformel mit den Turbomotoren – und die werden dann statt acht 18 bis 21 Millionen pro Saison kosten, dank der hohen Entwicklungsausgaben der Hersteller.

An entscheidender Stelle scheint in der Formel 1 kaum nachgedacht zu werden: Auf die Idee, statt immer den Großen mal den Kleinen größere Anteile an den Einnahmen aus Werbe- und Fernsehrechten zu überlassen, kommt keiner. Und der derzeitige Fia-Präsident Jean Todt schweigt auch. Es wäre wohl auch hart zuzugeben, dass Vorgänger Mosley mit seinem „Budget Cap“, einer Etat-Obergrenze, angedacht von 100 bis am Ende auf 60 Millionen, wohl die einzig richtige Idee für die Zukunft der Formel 1 hatte.

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