Von Michael Meyer: Voller Adrenalin
Josephine Henning erlebte am Mittwoch ihr Debüt im Nationalteam und empfängt nun mit Turbine Potsdam den SC 07 Bad Neuenahr
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Mit einem Lächeln auf den Lippen eilte sie bei ihrer Einwechslung auf das Spielfeld, und als sie eine gute Viertelstunde später in die Katakomben des Dresdner Rudolf-Harbig-Stadions kam, lag dieses Lächeln wieder auf ihrem Gesicht. Kein Wunder: Josephine Henning hatte am Mittwochabend gerade vor 20 431 Zuschauern ihr Debüt in der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft erlebt, die ein Länderspiel gegen Kanada mit 5:0 (1:0) gewann (PNN berichteten). Acht Minuten vor Spielende schickte DFB-Trainerin Silvia Neid die Abwehrspielerin Turbine Potsdams auf den Rasen – für Lena Goeßling vom SC 07 Bad Neuenahr, der am Sonntag zum Bundesliga-Punktspiel beim Deutschen Meister am Babelsberger Park antreten wird.
„Das war ein phantastisches Gefühl und ein Riesenerlebnis“, schwärmte Josephine Henning, die am Mittwoch einzige Debütantin im Dress mit dem Bundesadler war und die nun Turbines achte aktuelle deutsche Nationalspielerin ist (siehe Kasten). „Erst als Frau Neid mich zum Einwechseln rief, wusste ich, dass mein großer Wunsch heute Wirklichkeit wird“, erzählte die 21-Jährige, die sich zuvor hinter dem deutschen Tor warm gemacht hatte. Von dort aus hatte sie bis dahin verfolgt, wie die Potsdamerin Fatmire Bajramaj per Flachschuss aus spitzem rechtem Winkel ins lange linke Eck zum 2:0 traf (54.), wie Klubkameradin Babett Peter auf der linken Seite der Vierer- Awehrkette nichts anbrennen ließ und wie Turbine-Stürmerin Anja Mittag immer wieder versuchte, Löcher in Kanadas Abwehr zu reißen. Als sie dann ab der 82. Minute auch mitspielen durfte, rückte Henning rechts in die Innenverteidigung.
„Ich hatte ein Kribbeln auf der Haut und war voller Adrenalin. Es war einfach toll, vor so einer Kulisse spielen zu dürfen“, meinte die Potsdamerin, die 34 Sekunden vor dem Abpfiff ihre größte Szene hatte, als sie den Ball vor Kanadas Rekord-Nationalspielerin Christine Sinclair vom US-Proficlub FC Gold Pride – immerhin mit 101 Toren aus 138 Spielen angereist – mit links aus der Gefahrenzone drosch. „Die acht Minuten kamen mir viel kürzer vor – ich hätte gern noch ein Weilchen weitergespielt“, bekannte die Studentin, die bereits im April dieses Jahres ihren Nationalmannschafts-Einstand vor Augen hatte, ehe die Aschewolken des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull die damals in Dresden geplante Partie Deutschland – Schweden verhinderten. „Aber ich habe weiter an meine Chance geglaubt und bin jetzt überglücklich.“ Sehr nervös sei sie an den Tagen vor der Partie nicht gewesen. Anja Mittag, mit der sie sich bei der Nationalmannschaft das Zimmer teilte, habe ihr mit ihrer Erfahrung sehr geholfen. „Das hat mir mehr Sicherheit gegeben.“
Auch Silvia Neid zeigte sich von Hennings Einstand angetan. „Am Anfang habe ich gedacht: Josi, nicht nur nach hinten spielen, sondern auch nach vorn. Insgesamt war ich mit ihren ersten acht Minuten ganz zufrieden und sie selbst wohl auch froh, sie gut überstanden zu haben“, erzählte die Nationaltrainerin, die nach eigenen Worten die junge Potsdamerin behutsam als Alternative für die Innenverteidigung aufbauen will und die sich gestern darüber auch mit Turbines Cheftrainer Bernd Schröder telefonisch austauschte. „Die Bundestrainerin will mit ihr weiter planen und ihr Chancen bei weiteren Lehrgängen geben, wenn sie weiter an sich arbeitet“, erklärte Schröder, der Hennings größte Resereven „im Technikbereich und in der Koordination“ sieht.
Am Mittwochabend gegen Kanada spielte Josephine Henning in der Innenverteidigung. „Diese Rolle ist mir bestens vertraut – dort habe ich auch in der U17, U19 und U20 gespielt“, meinte die im Sommer 2009 vom 1. FC Saarbrücken nach Potsdam gekommene Kickerin, die bei Turbine nun links in der Dreier-Abwehrkette spielt. Auch am Sonntag, wenn der Bundesliga-Spitzenreiter den Tabellen-Fünften Bad Neuenahr empfängt. „Da werde ich mich wieder umstellen müssen. Das ist aber kein Problem.“ Schließlich will Josephine Henning mit Turbine nach dem 1:2 zuletzt in Wolfsburg am Sonntag wieder auf die Siegerstraße gelangen. „Offensive und Defensive müssen ihre Linie klar befolgen. Und wir müssen wieder besser als am letzten Sonntag spielen und unsere Torchancen nutzen“, sagt Potsdams neue Nationalspielerin, die dafür am Donnerstagabend mit dem Turbine-Team wieder im heimischen Luftschiffhafen trainierte.
Anpfiff ist am Sonntag um 14 Uhr.
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