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Homepage: Vom à la Carte zur Großküche

Der neue Leiter der Golmer Uni-Mensa Ingo Habermann war bisher Koch im 5-Sterne-Restaurant Bayrisches Haus in Potsdam

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„Ich hab es mir schwerer vorgestellt“, kommentiert Ingo Habermann, der neue Leiter der Golmer Mensa, seinen beruflichen Wechsel vom Potsdamer 5-Sterne-Restaurant Bayrisches Haus in die universitäre Großküche. „Hier wird lediglich die Kommastelle verschoben“, scherzt der Koch, „früher hab ich die Zutaten mal zehn genommen, heute multipliziere ich sie mit tausend“.

Ingo Habermann sitzt in seinem kleinen Büro. Es ist durch Glaswände von der Großraumküche der Golmer Mensa abgetrennt. Der 30-jährige, blonde Koch trägt die übliche weiße Jacke und schwarze Hose. „Familienplanung“, bringt er seinen beruflichen Schritt auf den Punkt. Er zeigt ein großes Foto seiner Tochter, die im September geboren wurde. Mit väterlichem Stolz berichtet er von den im Job neu erworbenen Freiheiten. Seit dem vergangenen Jahr habe er nun einen geregelten Arbeitstag und eine 6-Tage Woche. Dieser Umstand erlaubt ihm sein Familienleben zu gestalten. So ausgiebig wie jetzt konnte er zu Hause noch nie kochen.

Während er von den Vorzügen seiner neuen Arbeit erzählt, klopft eine Küchengehilfin an eine der Büroscheiben. Sie gestikuliert wild, will ihrem Chef wohl deutlich machen, dass sie jetzt Feierabend hat. Der winkt mit der Hand sein Okay. Man versteht sich. Die Kommunikation im Haus funktioniert.

Ingo Habermann ist in Cottbus aufgewachsen, nach abgeschlossener Kochlehre wird ihm die Stadt zu klein. Er zieht mit seiner Frau, die auch Köchin gelernt hat, weiter in den Süden Deutschlands. Drei Jahre leben sie in Frankfurt am Main. Ihre Wohnung liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen den beiden Hotels, in denen er und sie eine Anstellung gefunden haben. „Jeden Morgen bin ich zur Arbeit nach rechts und meine Frau ist nach links gegangen." Er erinnert sich gerne an diese Zeit. Seine Augen glänzen, als er die kleine Episode erzählt.

Von Frankfurt führte ihn die Karriere in ein Kempinski Hotel im Taunus und von dort zurück nach Brandenburg. „Andere gehen weg – ich komme wieder!“ Potsdam hat sich Habermann dann ganz bewusst als neuen Lebensort ausgesucht. Er wollte es wieder etwas beschaulicher haben, in keine Großstadt wie Frankfurt oder auch Berlin mehr ziehen.

Er mag es jetzt entspannter, auch wenn er nach der Arbeit nach Hause kommt. In seinem kleinen Garten hat sich Ingo Habermann ein 400-Liter-großes Aquarium eingerichtet. „Da sitze ich gerne vor und gucke den Fischen nach“. Die Wassertiere beruhigen ihn. Außerdem sind sie pflegeleicht. Man könne sie auch mal eine Woche alleine lassen.

Im Büro klingelt das Telefon. Der Mensaleiter nimmt ab: „Gerade ganz, ganz schlecht!", sagt er, kann dann aber doch nicht nein sagen und nimmt das Gespräch an. Dabei muss er über sich selbst schmunzeln. Streng sein passt nicht zu ihm. Er scheint eher der nette, selbstironische Typ zu sein.

In der Golmer Großküche arbeiten insgesamt 21 Köche, Küchengehilfen und Spüler. Der Mensaleiter erledigt viel Arbeit über den PC. Alle Einkäufe gehen an einen Zentralverkäufer, der für die Mensa die bestellten Nahrungsmittel von mehreren Anbietern zusammensucht. Der Speiseplan wiederholt sich alle sechs Wochen, so dass Habermann langfristig planen und auch oft billiger einkaufen kann. Von den Lebensmitteln werde aber so gut wie nichts weggeworfen. „Wenn 500 Personen erwartet werden, dann kochen wir für 300!“, erklärt der Mensaleiter. Zwei Küchengehilfen stehen im Hintergrund, um bei Bedarf nachzukochen. Nur selten kann ein Koch in der Mensa nach eigenem Rezept Gerichte zubereiten. Manchmal kommt es aber vor, dass die Mensaleiter der Uni-Kantinen, wenn sie bei ihrer monatlichen Planung zusammensitzen, es einem der Köche anbieten. Ingo Habermann ist dafür jederzeit offen.

Genauso wie für fast alles, was auf den Tisch kommt. „Nichts, was ich nicht esse“, meint er. Nur als Junge wehrte er sich gegen Tomaten. Diese Abneigung hat er aber längst überwunden. Nur Kaffee trinkt er nicht mehr. Es gab Zeiten, da hat er davon zu viel konsumiert, das hat ihm den Kaffeedurst ein für alle mal ausgetrieben. Jetzt ist er Teetrinker, Schwarztee ausgeschlossen. Geschmack geht Ingo Habermann über alles. „Wenn Kartoffeln innen roh sind, dann können sie noch so viele Vitamine haben“. Dann lässt er sie trotzdem kochen, bis sie durch sind. Und wer die Vitamine vermisse, könne nach der Mahlzeit genauso gut in einen Apfel beißen. Sein simples aber starkes Credo als Koch lautet denn auch: „Es muss lecker sein!“

Habermann scheint seinen Platz erst einmal gefunden zu haben. Er genieße das entspannte Familienleben und auch beruflich kommt so schnell keine Langeweile auf. Auch wenn jetzt vor allem Büroarbeit anfällt und ihm das Kochen etwas fehlt. Das mache ihm aber nicht viel aus. Er lacht: „Irgendwie gibt es ja immer Action hier!“

Friedmar Tielker

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