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Bier macht dick. Warum das so ist, untersuchen Forscher in der Epic-Studie.

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Zusammenhänge zwischen Ernährung und Erkrankungen untersuchen die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in der Epic-Studie

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Das Jahr 2011 ist vom Bundesforschungsministerium zum Jahr der Gesundheitsforschung benannt worden. In den PNN stellen Wissenschaftler des Deutsches Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) aktuelle Ergebnisse aus dem Bereich Gesundheit und Ernährung vor.

Ballaststoffe senken das Risiko für Dickdarmkrebs, Bier macht einen dicken Bauch, Obst, Gemüse und Vollkornbrot gehören zu einer gesunden Ernährung, Übergewicht erhöht das Risiko für chronische Erkrankungen. Diese Aussagen erscheinen wie Binsenwahrheiten. Warum muss es also Studien geben, die diese Zusammenhänge weiter untersuchen?

Die Antwort ist ganz einfach: Was uns jetzt als Binsenwahrheit erscheint, war vor einigen Jahrzehnten nicht bekannt. Zum Beispiel wunderten sich Mediziner vor 40 Jahren, dass es in Afrika praktisch keine Darmkrebsfälle gab. Gleichzeitig beobachteten sie, dass die Nahrung der Menschen viele Faserstoffe enthielt. Um zu untersuchen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Ballaststoffaufnahme und dem Darmkrebsrisiko besteht, führten Forscher erstmals in Amerika und Japan zahlreiche Fall-Kontroll-Studien durch. Alle Studienergebnisse sprachen fast durchgängig dafür, dass eine faserreiche Kost das Risiko für Darmkrebs senkt.

Auch wenn Fall-Kontroll-Studien gute Anhaltspunkte für Zusammenhänge liefern, so sind sie doch für verschiedene methodische Schwierigkeiten anfällig. Zudem basieren sie auf Daten, die durch eine zurückblickende – retrospektive – Befragung erhoben werden. Daher starteten Epidemiologen besonders zu Beginn der 1990er Jahre so genannte prospektive Beobachtungsstudien. Diese in die Zukunft gerichteten Studien basieren auf einer sehr großen Zahl von Studienteilnehmern, bei denen zu Beginn der Studie die zu untersuchende Erkrankung bisher nicht festgestellt wurde. Die Risikofaktoren für eine bestimmte Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert werden kann - ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven Studien. Die große Datenmenge macht zudem die Resultate sicherer.

Prospektive Studien sind jedoch erst möglich geworden, nachdem sich die Computertechnologie sowie die Aufbewahrungs- und Analyseverfahren für zum Beispiel Blutproben weiterentwickelt haben. Denn im Rahmen einer solchen Untersuchung müssen riesige Datenmengen sowie tausende biologische Proben jahrelang gesammelt, untersucht und ausgewertet werden. Unser Wissen, das wir aus wissenschaftlichen Studien gewinnen, ist somit einer stetigen Entwicklung unterworfen. Diese führt zu neuen Erkenntnissen und kann erklären, warum manchmal alte Aussagen revidiert werden müssen.

Auch heute noch bieten prospektive Studien oft die einzige Möglichkeit, neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit zu gewinnen. Denn anders als bei Medikamentenstudien sind für viele Fragen der Ernährungswissenschaft experimentelle Studien am Menschen nicht durchführbar. Viele Studienteilnehmer über Jahrzehnte kontrolliert und gezielt zu ernähren, um beispielsweise herauszufinden, ob der Langzeitkonsum eines bestimmten Nahrungsmittels Krebs erzeugt, ist nicht möglich und wäre auch ethisch fragwürdig.

Eine solche prospektive Langzeitstudie ist die „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition“, kurz Epic-Studie genannt, die in den 1990er Jahren begonnen wurde. Sie hat rund 519 000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus zehn europäischen Ländern, darunter 27 000 Männer und Frauen aus Potsdam und den angrenzenden Gemeinden. Die Studie untersucht die Zusammenhänge zwischen der Ernährungsweise, dem Lebensstil sowie biologischen Faktoren und dem Auftreten von Erkrankungen wie Krebs, Typ-2-Diabetes – dem Alterszucker –, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Wie die Epic-Studie unter anderem schon gezeigt hat, erhöhen ein hoher Verzehr von Fleischwaren und ein Verzehr von mehr als 175 Gramm Rind-, Schweine- und Lammfleisch pro Tag das Risiko für Darmkrebs um das etwa 2,2-fache. Diese Risikoerhöhung beobachteten die Forscher nicht, wenn gleichzeitig die Ballaststoffzufuhr aus Getreideprodukten mindestens 17 Gramm pro Tag betrug. Darüber hinaus sind viele weitere Ergebnisse aus der Epic-Studie hervorgegangen. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Potsdamer Ergebnisse ist im Internet unter: www.dife.de/de/forschung/projekte/epic.php nachzulesen.

Derzeit laden wir im Rahmen der Epic-Potsdam-Studie – auch bekannt unter dem Titel Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie – zufällig ausgewählte Epic-Studienteilnehmer ein, um ergänzende Befragungen und Körpermessungen durchzuführen sowie neue biologische Materialien zu sammeln. Hiermit wollen wir unter anderem untersuchen, wie sich chronischer Stress und körperliche Aktivität zusammen mit der Ernährung auf die Körperfettverteilung auswirken und ob die Verteilung der Mahlzeiten die Entstehung von Übergewicht und Erkrankungen beeinflusst. Dieses neue Teilprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Auch im Namen meiner Kollegen möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Teilnehmern an der Epic-Studie für ihre Bereitschaft bedanken, unsere Arbeit zu unterstützen. Sie leisten einen sehr wesentlichen gesamtgesellschaftlichen Beitrag, weil sie helfen, die Frage für künftige Generationen weiter zu beantworten: Welche Ernährung ist gesund?

Die Autorin ist seit Beginn der Potsdamer EPIC-Studie in die Forschungsarbeiten involviert. Sie leitet den Bereich der Nachbeobachtung in der Abteilung Epidemiologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke.

Manuela Bergmann

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