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Landeshauptstadt: Vom Eroberer zum Freund

Recife würdigt Johann Moritz von Nassau-Siegen

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Recife würdigt Johann Moritz von Nassau-Siegen Von Erhart Hohenstein Wenn die brasilianische Millionenstadt Recife 2004 ein „Nassau“-Jahr feiert, wollte sie Potsdam mit ins Boot holen. Dafür warb auf einem Abend im Steigenberger Maxx Hotel Prof. Mozart Neves Ramos, der Kultur- und Bildungsminister des Teilstaates Pernambuco und vormalige Rektor der Recifer Universität. Das Gedenkjahr ist Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen gewidmet, dessen Geburtstag sich 2004 zum 400. Mal jährt. Der hochgebildete Mann, der in Basel, Genf und Kassel Sprachen, Naturwissenschaften, Rhetorik studiert und sich als niederländischer Offizier in Schlachten hervorgetan hatte, war 1636 als Gouverneur in der von Holland eroberten brasilianischen Region eingesetzt worden. Hier baute er Recife zur Musterstadt aus, deren Bevölkerungszahl sich innerhalb weniger Jahre verzehnfachte, legte neu die nach ihm benannte Mauritsstadt an, gestaltete die Umgebung zu einer Kulturlandschaft und ließ die Provinz durch Naturwissenschaftler, Kartographen und Maler erforschen, vermessen und bildlich darstellen. Als Eroberer gekommen, wurde der für seine Toleranz gerühmte Johann Moritz zum Freund der Brasilianer, die ihn bis heute schätzen und seinen 400. Geburtstag mit einer Reihe von wissenschaftlichen und künstlerischen Veranstaltungen begehen. Potsdam hätte allen Anlass, dabei als Partner einzusteigen. Der Fürst war nämlich 1647 durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zum Statthalter in Kleve bestellt worden und hatte brieflich, aber auch durch zahlreiche Besuche in Potsdam Einfluss u.a. auf den Ausbau des Stadtschlosses und des Lustgartens, die Errichtung der Lustschlösser Caputh, Bornim und Glienicke, die Anlage von Tiergärten und die Schaffung der Landschaftsalleen genommen. Von ihm stammt der berühmte Satz: „daß gantze Eylandt (die Insel Potsdam) mus ein paradis werden.“ Wenn diese Seite des Lebenswerkes von Fürst Moritz in Recife gewürdigt wird, ist dies vornehmlich „inWent“ (Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH) zu danken, die zu dem Abend ins Steigenberger eingeladen hatte. Sie finanziert einen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt von zwei Studenten, davon einem Potsdamer, die in Recife eine Ausstellung und ein Symposium mit vorbereiten werden. Auf eine Unterstützung seitens der Stadtverwaltung kann Minister Neves Ramon dagegen kaum hoffen. Offensichtlich hat dort niemand an den Mann gedacht, dem Potsdam soviel verdankt. Die Kulturbeigeordnete Gabriele Fischer sah sich bei ihrer Begrüßungsansprache deshalb in einer schwierigen Situation. Eine kleinere Ausstellung, vielleicht im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte oder im Potsdam-Museum, könne sie sich vorstellen. Immerhin dafür gibt es eine Grundlage. Auf dem Abend im Steigenberger zeigte Dr. Holger Kürbis vom Historischen Institut der Universität Potsdam eine Exposition, die in exakten Texten und mit viel Bildmaterial auch die brasilianischen Jahre des Nassauers und seinen Einfluss auf Stadt- und Landschaftsgestaltung in und um Potsdam nachzeichnet. Sie könnte ohne großen Aufwand von einem der genannten Museen übernommen werden. Außerdem gibt es das Angebot von Botschaftsrat Garcia, Stücke aus seiner Sammlung über die Moritzzeit zur Verfügung zu stellen. Auf dem Abend nicht vertreten war die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Sie hätte sich aber als Partner für Recife geradezu angeboten. Schon 1988 hatte sie in ihrer Ausstellung über den Großen Kurfürsten unter dem Titel „Nach Holland und in die Welt“ Johann Moritz Nassau-Siegen ein ganzes Kapitel gewidmet und besitzt darüber hinaus wertvolle Stücke aus dessen brasilianischer Sammlung. Einige davon, so ein prachtvoller Elfenbeinstuhl und ein um 1650 entstandenes Gemälde der Mauritsstadt, werden im Schloss Oranienburg gezeigt. Doch die Ausstellungsplanungen für das kurz bevorstehende neue Jahr sind in der Stiftung natürlich längst abgeschlossen.

Erhart Hohenstein

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