zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Vom Friseur zum Coiffeur 50 Jahre Salon Ritt: Kunden feiern mit

Wenn der Verein „Potsdam mittendrin“ e. V.

Stand:

Wenn der Verein „Potsdam mittendrin“ e. V. am Sonnabend zur zweiten Potsdamer Erlebnisnacht einlädt, ist auch Coiffeur Stefan Ritt mitten drin. Er lässt vor seinem Salon nahe dem Brandenburger Tor eine Bühne aufbauen und unterhält seine Kunden ab 20 Uhr mit Frisuren- und Modenschau, Tanz und Musik.

Dafür gibt es einen besonderen Anlass: Vor 50 Jahren wurde der Salon Ritt, damals im Dorf Eiche, durch Stefans Vater Siegfried eröffnet. Die Chance, in die Innenstadt zu wechseln, bot sich ihm 1963. Ernst Gabriel gab sein Geschäft auf. Siegfried Ritt und seine Schwester Gisela traten mit der Übernahme in große Fußtapfen, denn Gabriel war der letzte kaiserliche Hoffriseur. Zum Frisieren und Rasieren der höchsten Herrschaften wurde er ins Berliner Schloss geholt, der Hofstaat bemühte sich selbst in den Salon. Dort hatte jeder ein Fach für seine persönlichen Rasierutensilien, von Stefan Ritt aufbewahrte Emailleschilder nennen Prinzen und Grafen.

Meister Ritt musste beim Ausbau seines Salons oft gegen den damals schwerwiegenden Vorwurf ankämpfen, er „zweckentfremde“ Wohnraum. Schnitthaar musste abgeliefert werden, es wurde angeblich für die Filzherstellung benötigt.

Trotz all der kleinen Widrigkeiten konnte sich der Salon schließlich sehen lassen, der Einbau einer modernen Inneneinrichtung setzte 1990 den Punkt aufs I. Inzwischen hatte sich Stefan Ritt doch entschlossen, seinem Vater beruflich zu folgen. Der junge Mann ging wie so viele am Ende der DDR-Zeit über Ungarn in den Westen. In München und Worms sammelte er Erfahrungen, die ihm bei der Rückkehr nach Potsdam und der Übernahme des väterlichen Geschäftes 1992 zugute kamen.

Die heute 14 Beschäftigten im Salon, für die schwarze Kleidung ein Muss bedeutet, besuchen regelmäßig Seminare. Dabei werden sie sogar in Rhetorik geschult – denn was wäre ein Friseurbesuch ohne anregendes Gespräch. Wichtiger ist aber, dass laut Ritt Spezialisten herangebildet werden, so Coloristen für das Färbekabinett, für Lockenschnitte, Haarverlängerung mit Naturhaar, Typberatung und für die Hochzeits- oder Festfrisur. Auch unternehmerisch ist Stefan Ritt neue Wege gegangen. Seine Beschäftigten haben flexible Arbeitszeiten, werden am Umsatz beteiligt, und er bietet ihnen eine betriebliche Altersversicherung an. Wie schon für seinen Vater ist Lehrlingsausbildung für ihn eine Verpflichtung, seit der Wende hat er 18 Azubis zum Abschluss geführt. „In unserem Team gibt es keinen Stress“, bestätigen die Mitarbeiter Ritts Äußerung, mit ihm könne man bei Problemen „immer reden“.

Aber warum nennt sich Ritt Coiffeur, zielt er vielleicht doch auf die Reichen und Schönen? Der Meister verneint entschieden. „Nach wie vor ist ein Haarschnitt bei uns auch für den weniger Verdienenden erschwinglich.“ Mit dem Namen wolle man ausdrücken, in einer seit jeher weltoffenen, multikulturellen Stadt tätig zu sein. „Da die Einflüsse der französischen Kultur auf Potsdam seit König Friedrich II. besonders prägend waren, haben wir uns für Coiffeur und nicht für das englische Hairdresser entschieden.“ Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })