Landeshauptstadt: Vom „Revoluzzer“ zum Kneipier
Lutz Boede von der Fraktion Die Andere will eine Stadtteilkneipe in Babelsberg eröffnen
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Lutz Boede von der Fraktion Die Andere will eine Stadtteilkneipe in Babelsberg eröffnen Von Dirk Becker Der Wechsel ist Programm in seiner Fraktion. Ein Jahr als Stadtverordneter für Die Andere aktiv, dann geht das Mandat an den nächsten über. Bevor Gewöhnung im stadtpolitischen Tagesgeschäft einsetzt, kommt der Austausch. Eigentlich nichts Besonderes, erklärt Lutz Boede. Da hat er schon recht. Besonders sind nur die Pläne, die er für seine Zeit danach hat. Seit Herbst 2003 ist Lutz Boede Stadtverordneter für die Fraktion Die Andere. Ob gegen Wehrpflicht oder gegen den Wiederaufbau des Stadtschlosses und der Garnisionkirche, ob manch fragwürdiger Beschluss oder undurchschaubare Finanzgebaren, Die Andere, seit 1995 in Potsdam aktiv. Sie finden immer wunde Punkte in der Stadtpolitik, auf die sie, nicht selten mit ausgefallenen Aktionen, aufmerksam machen. Zu den auffälligsten Vertretern der Fraktion gehört neben Falk Richter vor allem Lutz Boede. Ob nun gewollt oder eher ungewollt, wie erst kürzlich mit seinem Lieblings-T-Shirt mit der Aufschrift „Feldjägerjäger“, Boede sorgt regelmäßig für Gesprächsstoff. Und auch seine nächste, eher private Aktion wird davon wohl nicht ausgenommen bleiben. Im Dezember will Lutz Boede zusammen mit einem Freund in Babelsberg eine Kneipe eröffnen. Wo in dem Stadtteil genau verrät er aber nicht. Nur den Namen, der dann doch räumliche Eingrenzungen zulässt. „Nowawes soll die Gaststätte heißen“ sagt Boede. Eine ganz normale „Stadtteilkneipe“, die gegen Abend öffnet und faire Preise haben soll. Der unbequeme Geist Lutz Boede, für nicht wenige eine unbeliebter Revoluzzer, in Zukunft als Kneipier, als bodenständiger Unternehmer? Da muss Boede kurz lachen. Unternehmer, das sei schon das richtige Wort, doch sieht er die Sache eher pragmatisch. Mit dem Ende seine Stadtverordnetenzeit will er auch sein Jurastudium „formal“ abschließen. Als er vor Jahren zu studieren begann war ein Hauptgrund dafür sein Misstrauen bestimmten Anwälten gegenüber. „Damals hätte ich mich keinem der hier ansässigen Rechtsanwälte anvertrauen können.“ Mittlerweile habe sich die Situation jedoch geändert, gäbe es in Potsdam genug Anwälte, darunter auch wirklich gute. Ein weiterer Grund nicht in der Juristerei zu arbeiten sind seine Erfahrungen mit der hiesigen Gerichtsbarkeit. Die deutschen Gerichte sind für ihn „leblose Räume“, oft genug herrschen noch „mittelalterliche Vorstellungen“, habe er Prozesse erlebt, die kaum etwas von Transparenz oder Öffentlichkeit vermittelten. Das, so musste Boede früh feststellen, konnte nicht sein Weg sein. Wenn nun alles klappt mit der Konzession und der finanziellen und handwerklichen Unterstützung beim Ausbau durch Freunde, dann wird Lutz Boede bald hinter dem Zapfhahn stehen. „Man muss ja auch Geld verdienen“, erklärt er. Außerdem war es für ihn auch an der Zeit, etwas anderes zu probieren. Als eine Herausforderung versteht er das Projekt „Nowawes“. Was die Politik angeht, so soll die Gaststätte kein Treffpunkt für Aktionen dieser Art werden. Aber wenn sich bei einem Bier interessante, politische Gespräche ergeben, so habe er nichts dagegen. Und sein eigenes politisches Engagement, will er das mit seiner neuen Karriere als Kneipier aufgeben? „Vergessen Sie es“, Lutz Boedes Antwort ist unmissverständlich. Die Fraktion Die Andere will auch weiterhin auf Missstände und Fragwürdigkeiten aufmerksam machen. Und Lutz Boede wird dabei auch wie gewohnt kräftig mitmischen.
Dirk Becker
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