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Landeshauptstadt: Vom Todesstreifen zum Gartenparadies

„Garten – Grenze – Garten“: Über die Rückgewinnung zerstörter Parkbereiche

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„Garten – Grenze – Garten“: Über die Rückgewinnung zerstörter Parkbereiche Als nach dem Abzug des sowjetischen Geheimdienstes aus dem „Verbotenen Städtchen“ der Pfingstberghang ab 1996 seine Lennésche Bodenmodellierung und Wegeführung zurück erhalten sollte, standen die Gärtner der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten vor einer komplizierten Aufgabe. Die Besatzer hatten für ihre Bauten und Anlagen die Erde an einigen Stellen bis zu 2,15 Meter abgetragen, an anderen um bis zu 1,18 Meter aufgeschüttet. Nicht weniger als 598 Messpunkte mussten gesetzt werden, um die ursprünglichen Höhen wiederzugewinnen. Fast 16 000 Kubikmeter Erde wurden bewegt, 2000 Quadratmeter Wege- und 16 800 Quadratmeter Wiesenflächen rekonstruiert, schließlich 4930 Bäume und Sträucher gepflanzt. Diese Fakten nennt Monika Deißler in der Broschüre „Garten – Grenzen – Garten“. Das 107-seitige Heft ist jetzt von der Stiftung mit sechsmonatiger Verspätung als Ergänzung zu dem dickleibigen Katalog von „Preußisch Grün“, ihrer Hauptausstellung im Jahr 2004, herausgegeben worden. Wie Monika Deißler geben ihre Kollegen Gerd Schurig (Neuer Garten und Sacrower Park), Katrin Schröder, Dr. Jörg Wacker und Karl Eisbein (Park Babelsberg), Hans-Christian Klenner (Muschelgrotte) und Stefan Gehlen (Römische Bank) einen Überblick über die Wiederherstellung der Parkbereiche, die durch die Einbeziehung in das DDR-Grenzgebiet schwerste Schädigungen erlitten hatten. Gartendirektor Prof. Dr. Michael Seiler, der sich inzwischen im Altersruhestand befindet, fasst von den Wegen über die Sichten bis zu den Pflanzungen all die Aufgaben zusammen, die dabei zu lösen waren. Gartendenkmalpfleger und Gärtner der Stiftung setzen sich ungern selbst ins Licht. Ihre Bescheidenheit in Ehren, doch so kann der Leser eigentlich nur aus den einzelnen Beiträgen hochrechnen, welch enorme Leistungen in nur einem Jahrzehnt vollbracht werden mussten, um aus einer durch Todesstreifen, Schützengräben, Kolonnenwege, Wachtürme, Mauer und Stacheldraht zerstörten Landschaft wieder ein Teil des Potsdamer Weltkulturerbes zu machen. Was sie mit Herzblut und Engagement geschaffen haben – denken wir an das wunderschöne Bild der neu ausgebaggerten Lennéschen Bucht mit der darüber wieder aufsteigende Rosentreppe im Babelsberger Park – fassen die Autoren in nüchterne Worte. Auch über die hohen finanziellen Aufwendungen schweigt sich der Katalog aus. Die Bebilderung greift vorwiegend auf Fotos zurück, die die Beteiligten während der Arbeiten selbst aufgenommen haben. Dennoch enthält die Broschüre gelungene Gegenüberstellungen des trostlosen Zustandes vor Abbau der Grenzanlagen und der wiedergewonnenen Schönheit. Kritische Anmerkungen setzen den Wert des Heftes nicht herab, das im handlichen Rocktaschenformat mitgeführt werden kann. Für den Freund historischer Gärten stellt es eine wichtige Informationsquelle für eine der deutschlandweit bedeutendsten gartendenkmalpflegerischen Leistungen der letzten Jahre dar. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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