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Abschlussarbeit von Bodo Kochniss über „Aktive Bürgerschaft“
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Abschlussarbeit von Bodo Kochniss über „Aktive Bürgerschaft“ Noch bleibt der Bürger außen vor. Die politische Entscheidungsfindung, ob im Großen oder Kleinen, ist fast ausschließlich alleinige Aufgabe der gewählten Volksvertreter. Der Protest des Bürgers bleibt auf die Wahlen beschränkt, ob er sie nun wahrnimmt oder nicht. In Ausnahmefällen greift er zum Bürgerentscheid, um vielleicht doch noch Einfluss auf unpopuläre Entscheidungen zu nehmen. Allmählich aber scheint ein Umdenken einzusetzen. Den Bürger einbinden, teilhaben lassen an Problemlösungen und so seine politische Mitarbeit fördern. Ein Zusammentreffen von Verwaltung und Bevölkerung auf gleicher Augenhöhe. „Aktive Bürgerschaft. Über die Rollen des Bürgers im Verhältnis zur Verwaltung“, heißt der 150 Seiten starke Band von Bodo Kochniss (Lit Verlag Münster, 10,90 Euro), der Lösungsvorschläge für eine aktivere Einbindung der Bürger in die politische Entscheidungsfindung unterbreitet. Anfang 2003 als Diplomarbeit im Fachbereich Politikwissenschaften der Uni Potsdam entstanden, erschien die überarbeitete Version nun als mittlerweile 22 Veröffentlichung in der Reihe „Region – Nation – Europa“, die vom Potsdamer Professor Heinz Kleger herausgegeben wird. Der Bürger, so Kochniss, fordere ein stärkeres Mitspracherecht. Die allgemeine Finanzsituation im Land, die besonders große Schuldenlast vieler Städte und Gemeinden und eine „scheinbare Konzeptlosigkeit der politischen Parteien“ hätten dazu geführt, dass der Bürger genau wissen wolle, wohin seine Steuergelder fließen. Die langsam einsetzende Reform des Verwaltungsapparats müsse nun offen sein für Ideen der Bürger. Nicht mehr Untertan am Gängelband einer undurchschaubaren Verwaltung, sondern Partner, der an Entscheidungen beteiligt werden soll. In fünf Kapiteln versucht Kochniss Antworten auf die Fragen zu geben, wie ein gemeinsames Konzept von Verwaltung und Bürgern gestaltet werden, wie der Bürger zur Mitarbeit motiviert und wie diese Mitarbeit aussehen könnte. Wichtig hierfür sei eine „Neugliederung der bürokratischen Hierarchie“, die den Bürger aus seiner unmündigen Rollen entlässt. Kochniss sieht gerade in der angespannten Finanzsituation vieler Gemeinden die Chance für derartige Veränderungen. Denn damit eine Verwaltung in Zukunft auch effektiv arbeiten könne, müsse diese übersichtlich und transparent in ihrer Arbeitsweise aufgebaut sein. Weniger Zentralisierung, mehr Autonomie, so sein Vorschlag. Denn erst wenn administrative Abläufe verständlich werden, dann sei auch eine Mitarbeit seitens des Bürgers zu erwarten. Eine Verwaltung, die sich stärker am Bürger orientiert, ihn bei der Entscheidungsfindung einbindet und so auch Kosten sparen kann. Ein Lernprozess, der aber auf beiden Seiten seine Zeit brauche. Eine „aktive Bürgerschaft“ die zur Lösung von öffentlicher Aufgaben beiträgt und so dem Ideal der „direkten Bürgerschaft“ näher kommt. Doch Kochniss weiß auch um die Grenzen dieser Theorien. So war das politische Engagement innerhalb der Bevölkerung bisher nur auf kleine Gruppen beschränkt, kam die Masse erst in Bewegung, wenn sie die Auswirkungen bestimmter politischer Entscheidungen persönlich zu spüren bekamen. Ob mit einem verstärkten Zusammengehen von Verwaltung und Bürger sich das politische Engagement in der Bevölkerung verstärkt, bleibt offen. Doch sieht Kochniss hier vor allem die Chance, der weit verbreiteten Politikverdrossenheit entgegen zu wirken. Mit seinem Text liefert der Autor Ideen für eine stärkere Beteiligung des Bürgers bei der Aufgabenlösung im kommunalen Bereich. Dabei liegt der Schwerpunkt auf theoretischen Grundlagen. Ob diese Arbeit den Weg in die Verwaltungen findet, um dort zu den nötigen Reformen beitragen zu können, bleibt eher fraglich. Denn „Aktive Bürgerschaft“ ist ein sehr wissenschaftliches Buch geworden, geschrieben von einem Fachmann für Fachmänner. Dirk Becker
Dirk Becker
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