Sport: Vom Wett-Paddler zum Co-Moderator
Torsten Gutsche bewegte einst mit Muskelkraft ein 110–Tonnen-Schiff und führt nun mit durch die 10. Potsdamer Wasserspiele, die am Sonntag eine neue Rekord-Beteiligung erwarten
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Torsten Gutsche erinnert sich, als sei es erst gestern gewesen: „Wir sind anderthalb Minuten auf der Stelle gepaddelt und konnten schon kaum noch, ehe wir die Wette doch noch gewannen.“ Vor fünf Jahren schaffte es der dreifache Kanu-Olympiasieger des KC Potsdam gemeinsam mit seinem Klubkameraden und frisch gebackenen Weltmeister Tim Wieskötter im Zweierkajak, mit ihrer Muskelkraft das 110 (!) Tonnen schwere Wohnschiff des Potsdamer Schwimm- Idols Jörg Hoffmann in zehn Minuten 100 Meter weit die Havel stromauf zu ziehen. Die Paddler gewannen damit 2001 die Wette der Potsdamer Wasserspiele, die in jenem Jahr mit der fünften Auflage ein kleines Jubiläum feierten.
Auch das diesjährige Jubiläum, die am Sonntag um 14 Uhr beginnenden 10. Wasserspiele des KC, hält hinterm Potsdamer art“otel wieder eine Wette bereit. „Wir wollen im Vorfeld noch nicht zu viel darüber verraten, nur soviel: Es ist eine Wette zwischen zwei Olympiasiegerinnen, die wieder auf dem Wasser ausgetragen wird und die ähnlich spektakulär ist wie die damalige mit Hoffis Hausboot“, kündigte gestern Org.-Chef Jürgen Eschert an. „Die sollte man sich nicht entgehen lassen.“
Über mangelnde Resonanz wird das Spektakel auf der Havel auch diesmal nicht klagen müssen. Seit der Erstauflage 1997 entwickelten sich die Wasserspiele zu einem stark frequentierten gesellschaftlichen Ereignis. „Als wir vor zehn Jahren begannen, um unseren Sport in Potsdams Öffentlichkeit bekannter zu machen, hatten wir drei Mannschaftscanadier. Außerdem haben wir Kinder und Spitzenathleten paddeln lassen, Drachenboote und Kanupolo gezeigt, um die ganze Palette des Kanusports zu demonstrieren“, erinnert sich Eschert. „Damals hatten wir rund 500 Zuschauer, im vergangenen Jahr mehr als 5000.“ In diesem Jahr erwartet der Kanu-Club eine neue Rekordbeteiligung von bis zu 1300 aktiven Teilnehmern. Rund 30 gemeldete Betriebsmannschaften erfordern mehrere Vorläufe, ebenso je 15 Frauen- und Männermannschaften, die sich – wieder bunt geschminkt und kostümiert – die mittlerweile ebenfalls schon traditionelle „Schlacht der Gastronomen“ liefern wollen. Neben den Mannschafts- Canadiern bevölkern mittlerweile auch speziell für die Gastronomen entwickelte Dreier-Wanderboote und sechs Zwanziger-Canadier die Havel. „Diese Wettkämpfe“, hat Eschert ausgemacht, „sind mittlerweile nicht mehr nur Spaß, sondern werden mit durchaus viel Ehrgeiz angegangen.“
In den großen Booten werden am Sonntag beispielsweise die leistungsstärksten Sportvereine der Stadt gegeneinander antreten. Babelsbergs Oberliga-Kicker treffen dabei um 17 Uhr auf die Turbine-Fußballerinnen, die Zweitliga-Handballer des 1. VfL, die Bundesliga-Judoka des UJKC, Babelsbergs Motor-Boxer und die Hockeyspieler der Sport-Union 04. Eine halbe Stunde später tritt Oberbürgermeister Jann Jakobs mit seinen Beigeordneten im Prominentenrennen unter anderem gegen Stadtparlaments-Chefin Birgit Müller mit Vertretern der Fraktionen, gegen Schornsteinfeger und Feuerwehrleute an. Und im Parteien-Rennen werden SPD, PDS, CDU und FDP von der Industrie- und Handelskammer sowie von einer Journalistenauswahl getestet. In traditionellen Mannschaftscanadiern paddeln wieder Botschafts-Vertretungen, Frauenteams, Betriebe und die so genannten Kanu-Küken; Kinder, die erst seit diesem Jahr paddeln.
„Wir haben wieder ein sehr interessantes Non-Stopp-Programm“, verspricht Jürgen Eschert (siehe auch Kasten). „Die Veranstaltung wurde wieder professionell durchorganisiert, obwohl wir alle das nur ehrenamtlich tun.“ Die Gastronomen werden nicht nur paddeln, sondern – bereits ab 12 Uhr – für das leibliche Wohl sorgen, Kameras werden die einzelnen Rennen vom Start bis ins Ziel auf eine LED-Wand am Ufer übertragen, und auf der Bühne werden ebenfalls traditionell Potsdams diesjährige Welt- und Europameisterschafts-Starter sowie weitere interessante Gäste zu erleben sein. Vor zehn Jahren interviewte DDR-Fernseh-Legende Heinz-Florian Oertel Prominenz wie Brandenburgs damalige Sozialministerin Regine Hildebrandt. An diesem Sonntag führt wieder Radiomoderator Jens Hermann durchs Programm – diesmal assistiert von Torsten Gutsche. Und der mittlerweile 38-jährige Ex-Paddler, der dem KCP weiter die Treue hält, ahnt: „Das wird für mich eine größere Herausforderung als die Wette vor fünf Jahren.“
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