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Landeshauptstadt: Vom Zauberwörtchen Stopp

Mit „Chilli“ lernen Kindergartenkinder stark zu werden gegen Versuchungen aller Art

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Ohne Chilli geht es nicht. „Da kann ich gleich zu Hause bleiben“, bemerkt Susanne Ehrler selbstkritisch. Die Plüsch-Handpuppe habe ihren eignene Charakter und offenbar mehr Überzeugungskraft als die Person, die sie führt. Die Kinder respektieren das knall-orange Camäleon mit den grünen kreisenden Augen und dem langen Schwanz, der sich um Susanne Ehrler Arm schlingt. „Endlich bin ich raus aus meinem Sack“, stöhnt Chilli mit rauher froschartiger Stimme. Sofort sind die kleinen Plappermäuler still. Im Kreis scharen sie sich jetzt um die Sozialpädagogin und ihren haarigen Begleiter.

Es sei der bereits zweite Kurs, den die Suchtpräventionsstelle Chill out in der Kita Bornstedter Feld anbiete, sagt Susanne Ehrler. Suchtprävention für die Kleinsten ist auch für die diplomierte Sozialarbeiterin Neuland. Obwohl besonders in diesem Alter zwischen drei und sechs Jahren sich viele Verhaltensmuster prägten, die später womöglich zu einem abhängigen Menschen führten. „Wir wollen mit dem Angebot die Lebenskompetenz der Kinder stärken“, erklärt die 35-Jährige. Und das auf spielerisch Art.

„Heute geht es um Zauberworte“, sagt Susanne Ehrler. „Kennt ihr welche“, fragt sie in die Runde. „Ich weiß eins, ich weiß eins“, drängt sich das Plüschtier auf ihrem Arm großmäulig vor. Die frechen Früchtchen rufen daraufhin wild durcheinander. „Ich auch, ich auch.“ Nur zu sagen traut sich keiner. „Abrakadabra“, haucht Chilli. Aber es gebe auch noch das Zauberwörtchen Bitte, sagt die Sozialpädagogin. Oder auch die Zauberformel Stopp. „Wann braucht man das“, fragt Susanne Ehrler. „Wenn man will, das einer stehen bleibt“, antwortet ein Junge. Dann sammeln die Kinder weitere Beispiele. „Wie kann man denn mit dem eigenen Körper ein Stopp anzeigen“, fragt die Kursleiterin. Eine Vierjährige streckt den Arm aus und knickt die Hand im rechten Winkel ab und sagt Stopp. „Prima, so geht“s“, lobt Susanne Ehrler und gibt ihren kleinen Teilnehmern eine Hausaufgabe auf. Sie sollen das mit dem Stopp mal im Kindergarten, aber auch zu Hause üben. „Wann immer ihr meint, dass jemand etwas lassen soll“, erklärt sie.

In der Suchtprävention ginge es um Grenzziehung, Sozialverhalten oder auch Konfliktbewältigung. Zwei Tage in der Woche für eine halbe Stunde kommen Susanne & Chilli zum Kompetenztraining. Nicht gerade viel für eine Lebensvorbereitung. „Es ist die Summe an Erfahrungen, die unser Bewusstsein stärken“, sagt die Chill out-Mitarbeiterin. Sucht sei immer auch autoaggressiv, richte sich gegen den Menschen selbst. „Je mehr Handlungsmöglichkeiten wir lernen, zum Beispiel in Problemsituationen, desto gesünder gehen wir damit um.“ Trotzdem wünscht sich die Sozialpädagogin, dass auch Erzieher und Eltern weitertragen, was Chilli den Kindern beibringt. Es sei die Wiederholung, die ein bisschen fehle, so Susanne Ehrler.

Es ist Mittag und Feierabend für Chilli. Er steckt nun wieder im Beutel, die pinke Zunge baumelt über dem Stoffrand. „Tschüss“, rufen die Kinder und schauen dem Camäleon nach, das Susanne Ehrler davonträgt.

Nicola Klusemann

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