zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Von Burg bis Landtag

Seit Jahren wird um die neue Mitte, an der Anfang des 13. Jahrhunderts eine Burg mit Ecktürmen entstand, gestritten: Pleiten, Pech und Pannen

Stand:

Kaum eine Brache hat in den letzten Jahren in Potsdam für so große Aufregung gesorgt, wie der Alte Markt. Nun ist ein Bau in der Planung, der das Aussehen des früheren Knobelsdorff-Baus aufnimmt und bis Ende 2012 fertig sein soll. Es war auch ein Weg des Kampfes sowie von Pleiten, Pech und Pannen in Potsdam.

Anfang des 13. Jahrhunderts entstand zum Schutz des Havelübergangs eine Burg mit Mauern und Ecktürmen. Ein 1598/99 von Kurfürstin Katharina begonnener Schlossbau blieb auch infolge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) unvollendet. Auf den Fundamenten ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm 1664-70 eine Anlage nach dem Vorbild holländischer Barockschlösser errichten. Einer Erweiterung 1679-82 folgte die Umgestaltung zu einer französisch beeinflussten Dreiflügelanlage unter Friedrich I. Sie schloss der Barock-Architekt und Hugenotte Jean de Bodt zum Alten Markt hin mit dem Fortunaportal ab. Der Baumeister Andreas Schlüter dekorierte zwischen 1695 und 1706 den Marmorsaal. Das Schloss erhielt seine endgültige Form 1744-52 nach Plänen Georg Wenzeslaus von Knobelsdorffs. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau 1945 schwer beschädigt und brannte aus. 1959/60 ließ ihn die SED abreißen. Seit 1991 wird an einer Wiederherstellung des Stadtschlosses gebastelt.

Den Vorschlag eines Landtages auf dem Areal des Stadtschlosses soll der frühere Oberbürgermeister und jetzige Ministerpräsident Matthias Platzeck erstmals öffentlich geäußert haben. Das war vor mehr als einem Jahrzehnt. Den ersten großen Rückschlag erhielt das ehrgeizige Projekt im Jahr 2006, als sich erhebliche Differenzen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes offenbarten. Das Land hatte eine komplett freie Hand bei der Gestaltung des Platzes haben wollen, die Verwaltung folgte der Idee, die Stadtverordneten allerdings nicht. Der Streit um Baulinien, die vom Bauherren beachtet werden müssen, und Baugrenzen, die dem Bauherren Spielraum bei der Gestaltung eines Hauses lassen, eskalierte im November 2006. In geheimer Abstimmung fand der Bebauungsplan für den Landtag keine Mehrheit. Entsetzen im Plenum, entsetzen beim Land. Auch ein zweiter, nochmaliger Versuch brachte keine Mehrheit – 22 Stadtverordnete stimmten dafür, 22 dagegen. Das Aus?

Auf Landesebene sind Varianten geprüft worden, ohne B-Plan bauen zu können. Sie wurden verworfen, eine dritte Abstimmung herbeigeführt. Bürgerbefragungen wurden gemacht, eine seitens der Stadt, eine des Vereins Argus und eine von der Fraktion Die Andere. Während die Fragestellungen der Stadt kritisch gesehen wurde, sprachen sich bei der Umfrage von Argus mit Saskia Hüneke eine übergroße Mehrheit der Potsdamer für historisierende Fassaden im Knobelsdorff-Look aus. Die Linke brach danach im Geschäft mit einem Sanierungspaket ihre Blockade gegen den Neubau, der B-Plan konnte ausgelegt werden.

Die nächste Hürde: Das Verfahren des Landes. Das Finanzministerium hatte ein Verfahren ohne Transparenz gewählt. Sechs Konsortien hatten sich beteiligt, um einen Entwurf für den Neubau einzubringen. Die ersten Entwürfe sind nie veröffentlicht worden, erst eine Spende des Software-Milliardärs und Mäzens Hasso Plattner schaffte Klarheit. Der Landtag bekommt außen seine historische Form. Allerdings musste daraufhin ein neue Verfahren eröffnet werden, Konsortien klagten, einigten sich dann aber mit dem Land und stiegen aus. Nun haben drei Konsortien fünf Vorschläge eingereicht – einer soll so gut sein, dass er sogar bislang skeptische Architekten in der Jury überzeugt haben soll. Im Sommer wird der Siegerentwurf präsentiert. Jan Brunzlow

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })