Neulich in der MENSA: Von Kugeln und Bällchen

Dass Karotten längliche, orangefarbene Gewächse sind, ist eigentlich bekannt. Dass sie nun auch in Kugeln wachsen, aber weniger. Auch den Gentechnikern dürfte es noch nicht gelungen sein, kugelrunde Karotten zu züchten. In der Mensa gibt es sie dennoch. Verschwendung und unnötiger Luxus schreien schon die ersten, zumal unter Studierenden überdrehter Küchen-Schnickschnack kaum gewünscht wird. Doch die Spur führt genau in die gegenteilige Richtung. Der Spargedanke angesichts der Weltwirtschaftskrise scheint hier eher der Vater der ominösen Kugeln zu sein. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Bälle als geschickt rund geschälte Karottenendstücke, vom oberen Ende der Rübe, an der es gerne mal schimmelt oder fault. Einfallsreiche Resteverwertung, getarnt als Luxusrübchen der Sterneküche – auf die Idee muss man erst einmal kommen. Und es gibt noch mehr Indizien. In dieser Woche tauchten nun – zumindest in der FH-Mensa am Alten Markt – im Geflügelfrikassee nicht näher identifizierbare kleine Fleischbällchen auf. In einem Verhältnis von 3:1 zum „echten“ Hühnerfleisch. Da kochten die Spekulationen an den Mensa-Tischen natürlich gleich hoch: Handelt es sich etwa um Reste aus dem Massenbetrieb der Geflügelmafia, alte, gehäckselte Hühnerhaut, fein gemahlene Sehnen und Knorpel von in die Jahre gekommenen Legebatteriehähnchen, zu schmackhaften Boulettchen gerollt? So schlimm wird es sicher nicht sein, das wollen wir hier gar nicht erst unterstellen. Aber aufgepasst: Die EU verschärft permanent ihre Vorschriften. Wie beim Wein, Bier oder Parmesankäse muss damit gerechnet werden, dass in Zukunft auch Geflügelfrikassee drin sein muss, wo es draufsteht. Zumal im Mensaflyer nichts von den merkwürdigen Hühnerbällchen zu lesen war. W. Kotti

W. Kotti