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Sport: Von Potsdam weiter nach Peking
Früherer Olympiasieger Anthony Ervin aus den USA trainiert im Luftschiffhafen
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Wie ein typischer Weltklasse-Schwimmers sah Anthony Ervin nicht unbedingt aus, als er am Freitag in der Schwimmhalle des Potsdamer Luftschiffhafens sein Training begann. Kein Kreuz wie ein Kleiderschrank, keine Oberarme fast wie Arnold Schwarzenegger, keine 1,93 Meter Körpergröße wie Michael Phelps. Anthony Erwin wirkt unscheinbarer – und ist doch ein Phänomen. Denn der inzwischen 31-jährige US-Amerikaner, der bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney Gold über 50 Meter Freistil – gemeinsam mit seinem zeitgleichen Landsmann Gary Hall Jr. – und Silber mit der 4-mal-100-Meter-Freistilstaffel seines Landes gewann, hat ein erstaunliches Comeback hingelegt.
2001 bei den Weltmeisterschaften im japanischen Fukuoka holte sich Ervin die Titel über 50 und 100 Meter Freistil, ehe es ruhiger um ihn wurde. „Ich habe mich intensiv um mein Hochschulstudium gekümmert, weil ich es ordentlich machen wollte“, erzählte Ervin jetzt in Potsdam. Von 2009 bis Januar 2011 habe er überhaupt nicht trainiert, ehe er wieder ins Becken sprang – und es bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London über die 50 Meter Freistil in 21,78 Sekunden immerhin auf Rang fünf schaffte. „Nachdem ich mein Englisch-Studium beendet hatte, merkte ich, dass mir das Schwimmen doch sehr fehlte. Also habe ich wieder aufgehört zu rauchen, wieder trainiert und gemerkt, dass ich noch was kann“, so der in Hollywood geborene und in Los Angeles aufgewachsene Kalifornier, der bereits als Einjähriger schwamm. „Ich konnte eher schwimmen als laufen“, bestätigte er. Seine ersten Wettkämpfe bestritt er als Siebenjähriger.
Nach Olympia in London startet Anthony Ervin nun beim Kurzbahn-Weltcup durch – und so kam er auch nach Potsdam. Nachdem er beim Weltcup in Berlin am vergangenen Wochenende die 50 und die 100 Meter Freistil gewonnen hatte, trainiert er noch bis zum heutigen Samstag im Luftschiffhafen, ehe er am Sonntag weiter zum Weltcup nach Peking fliegt. Vermittelt wurde sein Zwischenstopp in Potsdam durch seinen Sponsor Lars Merseberg, einen einstigen deutschen Weltklasseschwimmer, der inzwischen die Imagine-Schwimmschule in New York leitet. Merseberg kennt Jörg Hoffmann, den Trainer im Potsdamer Luftschiffhafen, der gern half; sowohl mit der Möglichkeit zum Trainieren als auch beim Organisieren des für den Weltcup nötigen chinesischen Visums für Ervin. Unterstützung gab dabei auch Potsdams Sportbeigeordnete Iris Jana Magdowski. „Durch meine Visa-Angelegenheiten hatte ich zu wenig Zeit, mir auch die Stadt Potsdam näher anzusehen. Aber die Trainingsmöglichkeiten hier sind sehr gut“, erklärte Anthony Ervin.
Auf den bisherigen fünf Weltcup-Stationen räumte der für den Schwimmklub der University of California in Berkeley startende US-Boy schon ordentlich ab. „Die 50 Meter habe ich in Dubai, Doha und Berlin gewonnen, in Stockholm und Moskau war ich Zweiter. Und über 100 Meter war ich vor meinem Sieg in Berlin Zweiter in Dubai und Moskau und Dritter in Doha“, zählte Ervin selbst auf. „Nun will ich natürlich auch in China gewinnen.“
Neben den Siegen gehe es ihm aber vor allem auch darum, seine Technik weiter zu verbessern, so der Kurzzeit-Potsdamer. Darum bestreite er auch so viele Wettkämpfe. Fernziel Anthony Ervins sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro – dann ist er 35. Zunächst aber will er bei den Weltmeisterschaften 2013 in Barcelona starten. „Und wenn ich im nächsten Jahr wieder beim Weltcup in Berlin schwimme, werde ich auch wieder hierher nach Potsdam kommen“, sagte er gestern, ehe er in der Schwimmhalle seine Trainingsbahnen zog. Michael Meyer
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