Sport: Von Shunyi nach Oberschleißheim
Potsdams Kanuten flogen nach den Olympischen Spielen gleich zu den Deutschen Meisterschaften
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Keine lange Erholung, keine Pause für die Muskeln, nicht mal ein großes Durchatmen. Deutschlands Paddel-Olympiaflotte flog gestern von Peking aus direkt nach München, wo heute die 87. Deutschen Meisterschaften im Kanurennsport beginnen. Auch die sechs Potsdamer, die bis Samstag im Shunyi-Park um olympisches Edelmetall kämpften, werden nun in München-Oberschleißheim für ihren Kanu-Club im OSC antreten.
Mit besonderem Ehrgeiz wird ab heute aber Sebastian Brendel sein Stechpaddel schwingen, der mit nach Peking düste, dort jedoch nur als Reservist weilte, nicht mit im olympischen Dorf wohnen durfte und von der Tribüne des Ruder- und Kanuparks miterlebte, wie Deutschland im Einer-Canadier sang- und klanglos unterging. Brendel musste zusehen, als der dreifache Olympiasieger Andreas Dittmer aus Neubrandenburg außer Form der Konkurrenz auf Strecken hinterherfuhr, auf denen auch er gern für Deutschland gestartet wäre. Einen Teil der in Peking erfolgreichen internationalen Konkurrenz hatte der Potsdamer bei den Europameisterschaften im Mai in Mailand hinter sich gelassen. Über 1000 Meter beispielsweise Olympiasieger Attila Sandor Vajda aus Ungarn, über 500 Meter den Ukrainer Iurii Tscheban, der Olympia-Dritter wurde, und den Olympia-Fünften Alexander Schukowski aus Weißrussland
„Ich hoffe, dass er sich seinen Frust jetzt vom Leib paddelt“, sagt Brendels Heimcoach Ralph Welke, Olympiastützpunkttrainer und Chefcoach am Landesleistungsstützpunkt Potsdam. Reichlich Gelegenheit dazu wird der 20-Jährige auf der Olympia-Regattabahn von 1972 bekommen. Sollte er in den gestrigen Abendstunden wohlbehalten aus dem Flieger gestiegen sein, sind für ihn gleich acht Starts vorgesehen: Im Einer-Canadier über 200 und 500 Meter, gemeinsam mit Klubkamerad Kurt Kuschela im C2 auf den gleichen Strecken, mit Kuschela, Ronald Verch und Stefan Kiraj im Potsdamer C4 über 200, 500 und 1000 Meter sowie mit den genannten drei, Robert Wagner, Tom Siebeneicher, Sven Löschke und Alexander Koschka im Achter-Canadier, den Trainer Wolfgang Lange steuern wird. Ob Brendel nun in Bayerns Metropole noch einmal auf Andreas Dittmer treffen wird, den er in diesem Jahr bei den nationalen Olympia- Qualifikationen für Peking mehrmals bezwang, war gestern Abend noch offen.
Keinen Schongang wird in Oberschleißheim auch Katrin Wagner-Augustin einlegen. Die Potsdamerin ist für den Einer-Kajak über 500 Meter gemeldet, in dem sie am vergangenen Samstag in Shunyi Dritte wurde. Außerdem paddelt sie mit Klubkameradin Fanny Fischer, mit der sie Olympia-Gold im Vierer-Kajak gewann, den K2 über 200 und 500 Meter, und im Viererkajak werden für Potsdam neben den beiden Olympiasiegerinnen Judith Hörmann und Franziska Weber über 200 Meter beziehungsweise Birka Zimmermann und Weber über 500 Meter um den Sieg kämpfen. Ronald Rauhe und Tim Wieskötter, die Olympiazweiten im Zweier-Kajak über 500 Meter, sind bei den nationalen Titelkämpfen für diese Strecke und die 200 Meter gemeldet, Rauhe außerdem für den K1 über 200 Meter. Lutz Altepost und Torsten Eckbrett, die Olympia-Dritten von Peking im K4, wollen sich der deutschen Konkurrenz im Zweier-Kajak über 1000 Meter sowie mit Charles Lönitz und Markus Filensky im K4 über 500 und 1000 Meter stellen. Außerdem ist der K2 Eckbrett/Lönitz für die 200 Meter vorgesehen.
Medaillen erhofft sich der KC Potsdam, der mit 55 Paddlern beim Wettkampf von 900 Kanuten aus 120 Vereinen dabei ist, auch bei den Junioren durch Patrick Lux und Phillip Walther im Kajak sowie Robert Wagner und Tom Siebeneicher im Canadier. In den Jugend-Rennen schließlich will Potsdam ein ernstes Wörtchen bei der Vergabe des Jugend-Nationalmannschafts-Cups mitreden. Hier führen Peter Kretschmer und Jonas Markowski vom KCP die Rangliste der Canadierfahrer an, liegt Klubkameradin Henriette Jordan bei den Kajakmädchen auf Platz zwei. Außerdem geht es im Oberschleißheim um Tickets zu den Olympic Hope Games am 20. und 21. September in Szeged. Die erhalten bei den 15- und 16-Jährigen die ersten beiden, bei den 17-jährigen Junioren die ersten vier jeder Disziplin.
„Wir wollen“, sagt Ralph Welke, „jetzt in München 15 Titel gewinnen. Das ist unser erklärtes Ziel. Kämen wir auf 20 oder mehr, wäre das super.“ Potsdams Olympia-Teilnehmer möchten ab heute das Ihre dazu beitragen.
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