
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Vorbildlich
Die neue Flüchtlingsunterkunft an den Kopfweiden ist fertig, ein Investor hat sie für die Stadt errichtet
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Teltower Vorstadt – Helle, offene Räume, mehrere Zimmer, ein eigenes Bad mit Dusche. Am kommenden Mittwoch werden die ersten Asylsuchenden ihr neues Heim in der Straße An den Kopfweiden in der Teltower Vorstadt beziehen – und mit ihrer Situation durchaus zufrieden sein. Lange, freundliche, weiße Gänge verbinden die Zimmer, drei Gemeinschaftsräume laden zu Gesprächen ein, von außen wirkt das zweistöckige Seitengebäude ein bisschen wie die Motels in den USA. Eine Veranda schützt vor Regen, von dort aus können die Zimmer betreten werden. In der Mitte steht ein einzelnes großes Gebäude, in dem auch die Verpflegung organisiert wird.
„So stellt sich Potsdam eine Flüchtlingsunterkunft vor“, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am gestrigen Freitag bei einem Tag der offenen Tür sichtlich stolz. Entscheidend sei, dass man genügend Zeit habe. Ein Jahr dauerte die Planung, in vier Monaten wurden die beiden Gebäude hochgezogen, so die Dezernentin. Bis zu 125 Menschen können hier unterkommen, zumeist sollen es Familien mit Kindern sein. Sieben Notbetten seien zudem eingeplant, sagte Carola Wiener, Leiterin des Internationalen Bunds (IB)– der die Betreuung der Anlage übernimmt. Auf der Freifläche zwischen den Gebäuden sollen bald Spielplätze entstehen. In den Gemeinschaftsräumen soll unter anderem auch Deutsch unterrichtet werden.
Wie viel Geld die Stadt für den Bau ausgibt, konnte Müller-Preinesberger nicht sagen. „Es ist nicht die billigste, aber auch nicht die teuerste Unterkunft“, erklärte sie lediglich. Das Babelsberger Baustoffunternehmen „Brun und Böhm“ hat die Unterkunft für die Stadt errichtet, sie zahlt dafür Miete. Entscheidend sei, dass der Bau später einmal weitergenutzt werden könne, wenn die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zurückgehe, sagte die Dezernentin. So könne hier ein Hotel entstehen, ein Gäste- oder Boardinghaus.
Nur wenige Anwohner und Interessierte waren am Freitag gekommen, um sich den sogenannten Modulbau mit festen Wänden und abgeschlossenen Räumen anzuschauen. Und die wenigen verloren sich in den Gängen und Wohnungen, die jeweils ein oder drei Zimmer besitzen. Je nach Bedarf müssen sich mehrere Flüchtlinge eine solche Unterkunft teilen. Das Gebäude erfülle den Niedrigenergiestandard, sagte IB-Chefin Wiener. Einige Besucher interessierten sich denn auch besonders für die Heizung in den Wohnungen – sie besteht aus einer etwa zwei Quadratmeter großen, an der Wand angebrachten Platte und wird elektrisch beheizt.
Das sei schon beeindruckend, sagte ein Mann, der mit seiner Frau und zwei Kindern vorbeigekommen war. Auch Hella Drohla, ehemalige Stadtverordnete der Linken, kündigte an, künftig hier helfen zu wollen. Und Proteste oder Unmut wie im Juli bei der Anwohnerversammlung in der Aula des Humboldt-Gymnasiums oder am Mittwoch bei einem Tag der offenen Tür an der Sandscholle gab es nicht.
Dort, in Babelsberg, zogen am Freitag die ersten Flüchtlinge in die beiden Leichtbauhallen ein, die in den vergangenen Tagen auf einem ehemaligen Parkplatz errichtet wurden. Eng ist es dort, und matschig, da der Untergrund durch die Nässe der vergangenen Tage aufgeweicht ist. Müller-Preinesberger räumte ein, dass die Unterbringung dort nicht optimal sei. Aber es habe keine Alternative gegeben. Bis Jahresende müsse Potsdam noch rund 600 Menschen unterbringen. Dazu müsse die Stadtverwaltung auf die rund 40 Meter langen Hallen an mehreren Standorten und auf den alten Landtag, den sogenannten Kreml, zurückgreifen. Die Unterbringung in Turnhallen wolle sie unter allen Umständen vermeiden und Zelte seien wegen der kalten Witterung unzumutbar, so die Dezernentin.
Dennoch will die Stadt auf die Sorgen der Menschen an der Sandscholle eingehen. Müller-Preinesberger versprach, dass in den kommenden Wochen in der Nähe der Hallen in Babelsberg wie bereits in Drewitz eine Bürgersprechstunde angeboten wird. Hier könnten sich Anwohner direkt an die Verwaltung wenden. Die Sprechstunde werde spätestens im Januar starten, vielleicht auch schon im Dezember, sagte sie. Der genaue Ort werde noch bekannt gegeben.
Stefan Engelbrecht
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