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Ringrichterin Susann Köpke (l.) mit Omar El Hag (Motor Babelsberg, M.) und Raman Sharafa (BSK Seelze). Die 31-jährige Rostockerin arbeitet als Kauffrau im Groß- und Außenhandel.

©  Ingmar Höfgen

Sport: „Vorher passiert eher wenig“

Susann Köpke über ihren Weg zur Box-Kampfrichterin, die Reaktionen der Trainer und ihre Ziele

Stand:

Frau Köpke, Sie haben am vergangenen Samstag Bundesliga-Boxkämpfe bei Motor Babelsberg geleitet und dürfen nach bestandener Prüfung jetzt auch Kämpfe bei Welt- und Europameisterschaften leiten. Wie sind Sie Ringrichterin geworden?

Ich habe früher selber mal geboxt, habe mit Kickboxen angefangen, mit Thaiboxen weitergemacht. Als ich mit dem klassischen Boxen aufgehört habe, bin ich zum Kampfrichterwesen gekommen. Nur zugucken hat mir nicht gereicht, ich wollte näher dran sein am Geschehen. Deshalb habe ich vor ungefähr vier Jahren den Weg als Kampfrichterin eingeschlagen.

Wie lange haben Sie vorher geboxt?

Insgesamt zwei Jahre, ich habe 13 Kämpfe bestritten. Erfahrung im Ring habe ich also. Das ist auf jeden Fall von Vorteil.

Warum ausgerechnet Boxen?

Ich hab erst Handball, dann Fußball gespielt. Man hat ja irgendwo ein Ziel, das hatte ich bei den Sportarten nicht unbedingt. Als ich mit Kickboxen angefangen habe, war das erste Ziel: Man kann was für die Figur tun, ist fit, nimmt ab. Das war dann direkt der Einstieg: Damit kann ich mit fit halten und mich verteidigen.

Warum haben Sie mit dem Boxen aufgehört?

Es war für mich immer ein Hobby, die Wettkämpfe habe ich gemacht, um zu gucken, wo ich stehe. Und irgendwann habe ich gemerkt, dass die Gegnerinnen das nicht als Hobby gemacht haben, sondern teilweise schon im Nationalkader standen. Da muss man ganz klar sagen: Da habe ich eh keine Chance. Da ich es nur just for fun und für die Fitness machen wollte, habe ich dann aufgehört, in den Ring zu steigen.

Und sind jetzt Kampfrichterin. Wie ist die Reaktion der (männlichen) Trainer, wenn Sie ankommen?

Eigentlich gut. Mittlerweile, nach vier Jahren, ist es so, dass man sich kennt, aber im ersten Moment, wenn man sich nicht kennt, wird man erst mal angeguckt und beurteilt und dann, je nachdem, was man für eine Leistung bringt, dann kommt das Feedback. Vorher passiert eher wenig.

Ihre Leistung, die Punktzettel, sehen die Trainer aber nicht

Das nicht. Aber wenn man im Ring ist, sehen die Trainer ja schon – gefällt mir, wie sie den Kampf geleitet hat, oder hat mir das nicht gefallen.

Wie reagieren die Boxer?

Wenn ich nicht die Respektsperson im Ring bin, dann machen die Boxer und Boxerinnen was sie wollen. Das geht ja nicht. Wenn die Boxer einem den Kampf aus der Hand nehmen, sieht man ganz schlecht aus. Deshalb muss man sagen: „Ich bin der Chef, und Ihr dürft boxen.“ Es ist auch als Kampfrichter Adrenalin pur. Man ist der dritte Mann/Frau im Ring. Man muss aufpassen, dass sie die Regeln einhalten, sauber boxen. Das ist aufregend und macht Spaß, wahnsinnig viel Spaß. Man ist so dicht am Kampfgeschehen, so dicht ist kein anderer.

Wie viele Kämpfe leiten Sie im Jahr?

Ich bin relativ viel unterwegs und bin im Jahr rund 20 Mal im Einsatz. Das sagt noch nichts über die Zahl der Kämpfe, da sind dann auch Meisterschaften dabei, die gehen ja meist fast eine Woche.

Was ist das höchste Level, das Sie bisher geleitet haben?

National bei den Deutsche Meisterschaften, international ein Turnier in Stralsund, den Queens Cup. Dort haben 14 Nationen teilgenommen, das war auf sehr hohem Niveau.

Vor rund 15 Monaten ist in der Bundesliga die Bewertung geändert worden. Man sieht nicht mehr, wie es steht, und die Kriterien, wie gepunktet wird, wurden verändert. Wie sehen Sie die Änderung?

Es wird alles mehr den Profis angeglichen. Vorher wurden die klaren Treffer gewertet. Jetzt ist das neue System „ten points must“ (der Sieger einer Runde erhält zehn Punkte, der Verlierer entsprechend der Unterlegenheit weniger – d. Red.), und es gibt andere Kriterien. Natürlich zählen auch die Treffer, aber auch Angriffsverhalten, Technik, Taktik, da muss man schon etwas mehr beurteilen. Wenn es eine enge Kiste ist, ist das gar nicht so verkehrt, da kann man immer noch gucken, wie sich der Boxer im Kampf verhalten hat.

Haben Sie einen der Kämpfe von Motor Babelsberg gegen Seelze am vergangenen Samstag anders bewertet als er am Ende ausgegangen ist?

Ja.

Sie verraten nicht, welchen?

Nein (lacht). Wir sind drei Kampfrichter, jeder sitzt an einer anderen Seite des Rings, jeder hat einen anderen Blickwinkel. Die Bewertung ist von jedem Kampfrichter die eigene Meinung. Ich sag, ich hab es so gesehen, ich steh dazu, was ich gepunktet habe, auch wenn es eventuell falsch war.

Boxen war Ihr Hobby. Ist es die Tätigkeit als Kampfrichter auch oder eher ein Beruf?

Es ist immer noch ein Hobby, aber es ist mehr als das, es ist echt ’ne Leidenschaft. Ich will das weiter als Hobby machen, erst mal, das kann sich ja noch ändern. Im Moment ist alles gut. Man muss aber hervorheben, dass alle Kampfrichter das ehrenamtlich machen.

Die Fragen stellte Ingmar Höfgen.

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